BDW: Kaspar Wetli – ein Macher ist abgetreten

An der Delegiertenversammlung vom 16. März 2020 wurde Kaspar Wetli als Präsident des Branchenverbands Deutschschweizer Wein (BDW) nach 11-jähriger Amtszeit verabschiedet. Ehemalige Weggefährten erinnern sich und würdigen sein Wirken. So viel ist klar: Ohne Wetli sähe der Deutschschweizer Weinbau vermutlich anders aus.


Roland Müller

Wenn heute Kaspar Wetli Rheintaler Dialekt spricht, ahnt wohl niemand, dass es sich beim ihm eigentlich um einen waschechten Züriseebub aus Männedorf handelt. «Käp», oder eben Kaspar Wetli, besuchte das Technikum in Wädenswil und blieb nach Abschluss seiner Winzerlehre auf dem Betrieb von Jakob und Dorli Schmid in Berneck hängen (wo sich auch die Wege mit dem Schreibenden erstmals kreuzten). Im Rheintaler Weinbaudorf lernte Wetli auch seine spätere Ehefrau Susanne Bicker kennen. Es wuchs eine Familie mit vier Söhnen heran. Heute ist der stark ausgebaute und modernisierte Kelterbetrieb bereits in den Händen der nächsten Generation. 

Führungstalent

Schon früh hat sich Kaspar Wetli zu einer eigentlichen Führungsnatur entwickelt. Militärisch führte der gebürtige Zürcher als spezielle Herausforderung ein Appenzeller Bataillon, sass im Gemeinderat seiner Wahlheimatsgemeinde und übernahm in jungen Jahren die Führung des Branchenverbands St. Galler Wein.

Einer, der Wetli seit Langem kennt und bis 2019 als Chefredaktor dieser Zeitschrift wirkte, ist der Bündner Hans Peter Ruffner. Der einstige BDW-Vizepräsident erinnert sich augenzwinkernd: «Meine Bekanntschaft mit Kaspar Wetli datiert zurück ins Jahr 1997, als ich als Vertreter der Wädenswiler Weinforschung Einsitz im Deutschschweizer Weinbauverein (DSWV) nahm. Der DSWV gab damals noch Richtwerte für den Traubenpreis ab. Die Sitzungen verliefen immer etwa gleich: Am Morgen einigten sich die Rebbau-Delegierten auf eine Preislimite, die jeweils am Nachmittag von den Handelsvertretern nach unten korrigiert wurde. Schon damals zeichnete sich der St. Galler Kantonalpräsident durch straffe Voten und Ordnungsanträge aus, die erahnen liessen, dass aus ihm etwas werden könnte . » Ruffners persönliche Präsentation der Laudatio zum Wirken von Kaspar Wetli an der Delegiertenversammlung (DV) fiel dem Coronavirus zum Opfer; der Text wurde durch den Geschäftsführer verlesen. Die DV fand zwar statt, jedoch in engem Rahmen. Mit Martin Wiederkehr konnte trotzdem der Nachfolger für Wetli gewählt werden (die SZOW berichtete). 

 

Kaspar Wetli, ehemaliger BDW-Präsident.

 

16. Präsident des Branchenverbands

Kaspar Wetli wurde 2009 zum 16. Deutschschweizer Verbandspräsidenten. Ein Präsidium unter speziellen Voraussetzungen, wie Ruffner unterstrich. Wetli folgte auf klingende Namen wie Oberst Victor Fehr (Kartause Ittingen), zweimal Schellenberg (Vater und Sohn) sowie Kurt Pfenninger. Die bereits damals angespannte Lage auf dem Weinmarkt und die unterschiedlichen Interessenlagen der sechs Schweizer Wein­bauregionen stellten grosse Anforderungen an den BDW. Ein Vorteil Wetlis war seine Verankerung sowohl in der Traubenproduktion, bei den Verarbeitern wie auch bei den Weinhändlern. Er hatte Kenntnis der Sorgen und Nöte aller Beteiligten. «Eine Voraussetzung, die er im Verkehr mit ‹Amtsbern› nach eigener Aussage manchmal vermisst haben soll», wie Ruffner schrieb. Seine Verhandlungssicherheit in französischer Sprache war ein weiterer Punkt, der Wetli zum Glücksfall für den BDW werden liess. Unter seiner Ägide rückten die welsche und die Deutschschweizer Weinwelt näher zusammen. «Es bleibt zu hoffen, dass auch in der heutigen Situation diese guten Beziehungen weiterbestehen.»

Grosse Verdienste

Zu den Verdiensten Kaspar Wetlis zählen zweifellos seine ambitiösen Zukunftsprojekte. Er hinterlässt grosse Spuren im Bereich Bildung, Beratung und Forschung. Nach dem Wegfall des höheren Bildungslehrgangs für Winzer und Weintechnologen sowie des Önologiestudiums in Wädenswil waren Lösungen gesucht, die für die Deutschschweizer Weinbranche eine Alternative boten. Dank Wetlis Initiative konnte ab 2014 in enger Zusammenarbeit mit dem Strickhof der dreijährige berufs­begleitende Bildungslehrgang HF Weinbautechniker/-in geschaffen werden. 2017 schloss der erste Jahrgang ab und diesen Sommer geht bereits der zweite zu Ende. Auch die vielen Reorganisationsansätze des Bundes in der Rebbau- und Weinforschung mit dem massiven Abbau der Forschungsaktivitäten, wenn nicht sogar mit der Aufgabe des Standorts Wädenswil, weckten in der Deutschschweizer Branche Ängste. Während über 100 Jahren war «Wä­denswil» eine weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Marke. Hier sah Wetli dringenden Handlungsbedarf. Er konnte Partnerorganisationen überzeugen, dass der Wegfall einer standortgerechten praxisnahen Forschung einschneidend wäre. Zusammen mit Agroscope, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und dem Strickhof fand er die Lösung in Form eines neuen partnerschaftlichen Kompetenzzentrums. So nahm unter der Federführung des BDW und mit der Handschrift Wetlis auf Anfang 2018 das Weinbauzentrum Wädenswil (WBZW) den Betrieb auf.

Ruffner schloss seine Laudatio mit den Worten: «Kaspar Wetli war ein Glücksfall für den BDW, er bleibt ein Glücksfall für das WBZW und die Weinbranche ist ihm zu ewigem Dank verpflichtet!» Dem ist nichts hinzuzufügen.

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