Müller-Thurgaus Geburtshaus in Tägerwilen. (© O+W)

Das grosse Müller-Thurgau-Jubiläumsjahr

Seit Monaten ist ein Team von Fachleuten aus verschiedenen Bereichen an der Arbeit, um die pionierhafte Arbeit des Forschers Hermann Müller-Thurgau anlässlich seines 175. Geburtstags zu würdigen. Es soll jedoch nicht zu einer nostalgischen Verklärung kommen, stattdessen soll die Wichtigkeit der Spezialkulturen in der Gesellschaft aufgezeigt werden.

Artikel von:
O+W
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 01 / 2025 , S. 8

 

Wir Schweizerinnen und Schweizer neigen bekanntlich nicht dazu, leichtfertig aus Menschen unserer Mitte Helden zu machen. Das hat uns in der Vergangenheit schon oft vor Problemen bewahrt. Man muss schon ordentlich viel leisten, bis man gesellschaftliche Anerkennung über das eigene Wirken hinaus erfährt. Am leichtesten haben es wohl Sportlerinnen und Sportler, um zu Vorbildern zu mutieren: Skilegenden, Tenniscracks, Fussballer oder Eisprinzen und -prinzessinnen fallen uns relativ schnell ein. Schon bei Künstlerinnen oder Musikern wird die Luft dünner. Selbst bei Generälen, Bundesräten und Parteifürsten, aber auch bei Astronauten, Weltumseglern und Extrembergsteigern verblasst der Heldenstatus relativ schnell. Umso abenteuerlicher, vielleicht sogar anachronistischer mag es erscheinen, wenn man heute einem vor 175 Jahren geborenen Menschen ein ganzes Jahr widmet. Doch dieser Mann – das ist unsere feste Überzeugung – hat es verdient, dass man sein Wirken nochmals ins Rampenlicht stellt und die mannigfaltigen Auswirkungen seines Schaffens bis heute würdigt.

Einflussreich bis heute

Hermann Müller kam im kleinen, thurgauischen Bodenseedörfchen Tägerwilen 1850 auf die Welt (Einstiegsbild) und starb 1927 in Wädenswil. Selten genug kommt es vor, dass die Herkunft Niederschlag im Familiennamen findet, doch bei ihm war es so. Deshalb kennt man ihn am ehesten noch unter dem Doppelnamen Müller-Thurgau. Als Sohn eines einfachen Bäckers wurde er zuerst Lehrer, dann Botaniker, später Pflanzenphysiologe, Phytopathologe, Önologe, Mikrobiologe, Rebenzüchter, Herausgeber dieser Zeitschrift, Obstsaftpionier und Katalysator für unzählige Forschungsprojekte im Obst-, Wein- und Gemüsebereich. Man kann ihn aus heutiger Sicht durchaus als den einflussreichsten Schweizer Universalgelehrten bezeichnen. Und dennoch kennt ihn ausserhalb seiner engen, fachlichen Community kaum noch jemand. Das soll sich ändern.

Hermann Müller-Thurgau. (© zVg)

 

 

Das Team hinter den Kulissen

Seit Monaten arbeitet ein Team aus Wein-, Obst- und Spezialkulturexperten mit Historikerinnen, Medienleuten, Event- und Touristikmanagern zusammen, um ein attraktives Päckchen aus Veranstaltungen, Events und Inhalten zu formen. Ab Januar gehen die aufgegleisten Projekte vom Stapel. Nach wie vor sucht das Organisationskomitee aber nach Sponsoren und Geldgebern, um alle Ideen verwirklichen zu können. Wo das Geld fehlt, sollen Einsatz und Improvisationsgeist helfen, das Unmögliche möglich zu machen. Das muntere Trüppchen, zu dem auch wir von der Obst+Wein dazugehören, ist voller Vorfreude auf das Kommende – wohlwissend, dass es noch viel Arbeit und Einsatz braucht, um alle Projekte erfolgreich umzusetzen und zu Ende zu führen. Es ist zu befürchten, dass die Geldguillotine das eine oder andere Vorhaben noch beerdigt. Aber die Macherinnen und Macher sind zuversichtlich, dass es gelingen kann, das Gros an Ideen und Programmpunkten umzusetzen – auch mit Ihrer Hilfe (siehe Kästchen).

Highlights

Das Programm und die Ideen sind breit und zeigen trefflich auf, wie vielschichtig das Schaffen Müller-Thurgaus bis heute wirkt. Insgesamt stehen über 20 Projekte am Start, wobei einige Ideen und Ansätze als Teil eines Anlasses oder einer Veranstaltung fungieren.

Folgend einige ausgewählte Highlights:

  • Müller-Thurgau an den Wädenswiler Weintagen: Auftakt des Jubiläumsjahres bildeten die Wädenswiler Weintage, die bereits erfolgreich über die Bühne gegangen sind. Hierüber wird in der kommenden Nummer ausführlich berichtet. Im Zentrum stand zum ersten, aber sicher nicht zum letzten Mal die meistangebaute Traubenneuzüchtung der Neuzeit: der Müller-Thurgau, alias Riesling-Silvaner, alias Rivaner, alias Riesling x Madeleine Royal. Die degustierten Muster haben bereits bewiesen, dass die Sorte noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Gerade im schwierigen Jahr 2024 kam der «Müller» erstaunlich gut über die Runden. Organisation: Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW).
  • Müller-Thurgau-Degustations-Cup: Prämierung der besten Müller-Thurgau-Weine in der Schweiz und im Bodenseeraum (Deutschland). Organisation: Schaffhausen Tourismus, Weinbauzentrum Wädenswil, Int. Bodensee Tourismus.
  • Historischer Rebenschmuggel: Im April vor 100 Jahren organisierte der Gutsleiter des Schlosses Kirchberg in Immenstaad (D) am Bodensee eine spektakuläre Aktion: Er liess illegalerweise 400 Müller-Thurgau-Reben aus der Schweiz über den See bringen und pflanzte sie gegen den Willen des Markgrafen an. Diese Schmuggelaktion endete glücklich: Dank dieser Tat konnte die Sorte auch in Süddeutschland Fuss fassen und wurde 50 Jahre später zur meistangebauten Neuzüchtung der Welt. Diesem Ereignis soll im April auf verschiedene Weise gedacht werden. Klar, dass dies mit einem Glas «Müller» begossen wird. Details folgen. Organisation: Branchenverband Thurgau Weine, Schaffhausen Blauburgunderland, Int. Bodensee Tourismus.
  • Sonderausstellungen im Weinbaumuseum Au-Wädenswil und im Napoleonmuseum Arenenberg: Die Ausstellung würdigt das Lebenswerk von Hermann Müller-Thurgau und schafft ein Bewusstsein für die Bedeutung seines Vermächtnisses bis in die Gegenwart. Organisation: Weinbaumuseum Au, Napoleonmuseum.
  • Dokumentarfilm «Wissen trägt Früchte» (Abb. 1): Basierend auf Hermann Müller-Thurgaus Biografie geht der Dokumentarfilm der Frage nach, wie sehr dessen Wirken bis heute nachhallt und wie er seine Nachfolger inspiriert hat. Nicht zuletzt wird auch die Frage vertieft, wie es zur erstaunlichen Verwechslung der Kreuzungspartner beim «Müller-Thurgau» gekommen ist. Hier schlummert ein «wahrer» Weinkrimi. Organisation: Obst+Wein; Technik: Fachexperten aus dem TV-Bereich.
  • Sondernummer «Obst+Wein»: Die Juliausgabe der Fachzeitschrift wird für einmal in einer ungewohnten Weise als Doppelnummer erscheinen: Gleichsam als Festschrift wird sie über die Aktivitäten des Jubiläumsjahres berichten, aber auch spannende Schlaglichter auf aktuelle Fragen im Bereich der Spezialkulturen werfen. Sie bildet gleichsam den publizistischen Höhepunkt des Jubiläums. Verantwortlich ist die Redaktion Obst+Wein, aber involviert sind viele weitere Institutionen, Forschende und Fachleute.
  • Obstbauinnovationen: Obstbauliche Errungenschaften von Hermann Müller-Thurgau werden in einem Ausstellungsmodul thematisiert und im Rahmen der vom Verein Fructus durchgeführten «Nationalen Obstsortenausstellung 2025» in Basel und ev. im Kanton Freiburg ausgestellt. Organisation: Fructus, Müller-Thurgau Stiftung.
  • Wädenswiler Jahrbuch 2025: In einem Kapitel soll auf die Zeit eingegangen werden, als Hermann Müller-Thurgau in Wädenswil die Forschungsanstalt leitete. Im Zentrum steht der Mensch Müller-Thurgau, der nicht nur die Wissenschaft inspiriert, sondern auch viel für die Bevölkerung und ihr Wohlergehen beigetragen hat. Organisation: Müller-Thurgau Stiftung, Weinmuseum Au.
  • Artikelserie «Inspiration Müller-Thurgau»: Quer durch das Jubiläumsjahr 2025 soll in jeder Ausgabe der Obst+Wein mindestens ein Forschungsschwerpunkt bzw. ein Forschungsgebiet aufgenommen und in einer Gegenüberstellung von «damals vs. heute» aufgearbeitet werden. Damit können Bezüge geschaffen werden, wie sich ein Forschungsthema entwickelt und im jeweiligen Licht der Zeit darstellt. Organisation: Obst+Wein.
  • Urrebe neu gezüchtet: Unweit des Weinbauzentrums Wädenswil steht er noch: Der Urstock mit der Nummer 58 (Abb. 2). Er bildet gleichsam den Ausgangspunkt einer unvergleichlichen Erfolgsstory. Aus diesem Stock wurden erneut Stecklinge produziert, die nun für die Winzer zur Verfügung stehen. Organisation: Weinbauzentrum Wädenswil.
  • Jubiläumswein 2024 (Abb. 3): Für verschiedene Anlässe wurde durch Agroscope ein Jubiläumswein aus erstklassigen Müller-Thurgau-Trauben hergestellt. Er dürfte ab Mai zur Verfügung stehen. Organisation: Agroscope.
  • Velotouren auf Müller-Thurgaus Spuren: Digitale Info-Points an verschiedenen Orten entlang des Bodenseeufers vermitteln das Schaffen und Wirken von Hermann Müller-Thurgau, der in der Region (genauer: in Tägerwilen) seine Kindheit verbrachte. Organisation: Int. Bodensee Tourismus, Agro Marketing Thurgau, Müller-Thurgau Stiftung.
  • Und last but not least: Das «Grosse Müller-Thurgau-Fest»: In der Woche seines Geburtstags wird am 24. Oktober 2025 ein grosses Fest ausgerichtet. Bereits am Nachmittag können Jung und Alt im öffentlichen Teil des Tages an mehreren Ständen Projekte einsehen, viele schmackhafte Produkte degustieren und aktiv bei der Gestaltung eines Kunstwerks mitwirken. Am Abend findet für geladene Gäste ein festlicher Akt statt, bei dem u. a. auch der Müller-Thurgau-Innovationspreis vergeben wird.

 

Abb. 1: Dreharbeiten am Weinbauzentrum Wädenswil. (© O+W)

 

Abb. 2: Martin Wiederkehr, Leiter des Weinbauzentrums Wädenswil, zeigt die Urrebe 58. (© O+W)

 

Abb. 3: Jahrzehntelang Garant für eine gute Ernte: der Müller-Thurgau. (© O+W)

 

Viele weitere Informationen sowie einen Kalender mit allen Events finden sich auf der neu erstellten Website erlebnismuellerthurgau.ch – auch wir von der Obst+Wein halten Sie auf dem Laufenden.

Wir freuen uns auf ein aussergewöhnliches Jahr mit weitreichenden Einsichten und nachhaltigen Erinnerungen.

Spenden höchst willkommen

Helfen Sie mit, dass das Müller-Thurgau-Jubiläumsjahr zu einem Erfolg wird. Viele der angedachten Projekte und Inhalte sind finanziell noch nicht gesichert. Wir freuen uns daher über jeden Spendenfranken und bedanken uns bei Ihnen!

Schon mit einer Spende ab Fr. 50.– können Sie entweder ein spezifisches Projekt oder das Jubiläumsjahr als Ganzes unterstützen. Sollte ein Projekt, das Sie unterstützen möchten, nicht realisierbar sein, würden wir uns erlauben, Ihren Betrag dem ganzen Jubiläum zugutekommen zu lassen.

Unter allen Gönnerinnen und Gönnern verlosen wir 5 × 2 Tickets für den grossen Festakt am 24. Oktober 2025, der gleichsam den Höhepunkt des Müller-Thurgau-Jahres bildet. Diese Tickets kann man nicht kaufen, sondern nur gewinnen. Auf Wunsch wird Ihr Name auf der Sponsoren- und Gönnerliste aufgeführt. Sie können natürlich auch anonym einen Unterstützungsbetrag leisten.

Wir bedanken uns herzlich für Ihre Spende auf unser Konto: 
IBAN CH50 0070 0114 9020 4496 4

Weitere Informationen:

www.erlebnismuellerthurgau.ch oder andrea.caretta@erlebnismuellerthurgau.ch

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