Drohende Gefahr:
An der gut besuchten ersten Fachtagung in Uesslingen thematisierte die Fachstelle Rebbau SH-TG-ZH die bereits breit auftretende Schwarzholzkrankheit und die sich im Anzug befindliche Goldgelbe Vergilbung.
«Es wird bereits viel über die Holzkrankheiten geredet. Zu Recht: Sie könnten gefährlicher als die KEF werden», hielt Rebbaukommissär Markus Leumann einleitend zur Tagung und zur Rebbegehung fest. Gastgeber Markus Frei verwies darauf, dass man bezüglich der Kirschessigfliege (KEF) bereits viel gelernt habe, nun aber mit den Vergilbungskrankheiten vor neuen Herausforderungen stehe. «2018 haben wir am östlichen Iselisberg erste starke Zeichen an den Reben festgestellt: einrollende Blätter und später viele rote Trauben, die langsam abgestorben sind», führte Frei aus. Man erkannte rasch, dass es die Schwarzholzkrankheit war. Im vergangenen Jahr wurden aber auch im westlichen Teil der Reblage die gleichen Symptome manifestiert. «Wir stellten fest, dass die intensiv begrünten Terrassenanlagen stärker befallen waren. Speziell dort, wo es auch Brennnesseln und Ackerwinden gab», so Frei. Gerade diese beiden Arten seien Lebensraum und Wirtspflanze für jene Zikade, welche die Krankheit auf die Rebe überträgt. Zugleich führte Frei den eher starken Befall im Sommer auch auf den trockenen und warmen Sommer zurück, der die Reben unter Stress setzte.
«Die Schwarzholzkrankheit und die Goldgelbe Vergilbung zeigen die gleichen Schadbilder und lassen sich nur im Labor unterscheiden. Die Blätter rollen sich ein und verfärben. Die Trauben welken ein, und es erfolgt keine Verholzung des Triebs mehr», führte Patrik Kehrli von Agroscope aus. Beim Krankheitserreger handelt es sich um Phytoplasmen, die als zellwandlose Organismen in den Speicheldrüsen von Insekten übertragen werden. In der Praxis zeigt sich nun, dass insbesondere Chardonnay und Gamaret für die Schwarzholzkrankheit besonders sensibel sind, während beispielsweise Chasselas, Merlot oder auch Sauvignon blanc weniger sensibel reagieren. Bei der Schwarzholzkrankheit werden die Erreger vor allem durch die Winden-Glasflügelzikade (Hyalesthes obsoletus), die an den Wirtspflanzen Ackerwinde und Brennnessel leben, auf die Reben übertragen. Im Gegensatz zur Goldgelben Vergilbung (Flavenscence dorée) ist bei der Schwarzholzkrankheit aber keine Übertragung von Rebe zu Rebe nicht möglich.
Weite Verbreitung
Die Schwarzholzkrankheit ist nun fast in allen Schweizer Weinbaugebieten ausser der Bündner Herrschaft anzutreffen. 2019 trat sie erstmals am Zürichsee auf. Kehrli machte deutlich, dass sie und ihre Überträger nicht direkt bekämpfbar sind, aber sich mit Prävention einiges erreichen lässt: «Dazu gehören das Pflanzen von gesunden, zertifizierten Reben und die Bekämpfung der Brennnessel ausserhalb der Flugzeit des Überträgers».
Hier hakte Michael Gölles, Leiter der Fachstelle Rebbau am Strickhof, nach und sprach von einem «Management der Brennnessel». Er sehe zwar keinen klaren Zusammenhang mit der Begleitflora, rate aber davon ab, diese zwischen Juni und August zu mähen, weil dann den Zikaden der Lebensraum genommen würde und diese dann auf die Reben übersiedeln könnten. Im laufenden Jahr werden rund 30 ha Reben durch die Fachstelle exakt überwacht. Dass die Problematik akut ist, zeigen Auswertungen am Lattenberg. So wurde in verschiedenen, neuen Rebparzellen ein Befall mit der Schwarzholzkrankheit festgestellt. Die Goldgelbe Vergilbung ist hingegen bislang erst in der Westschweiz, am Genfersee und im Wallis aufgetreten. Dort müssen Befallsherde sofort gemeldet werden.
«Bei der goldgelben Vergilbung handelt es sich um eine meldepflichtige Quarantänekrankheit. Befallene Stöcke sind zu entfernen und der Vektor ist zu bekämpfen», so das Fazit von Patrick Kehrli.
Erfolgreiche Bekämpfung mit Stammamputation
Seit 20 Jahren hat der Hallauer Rebschulist Martin Auer intensive Erfahrungen im Umgang mit der Schwarzholzkrankheit gesammelt. Speziell anfällig seien Sorten wie Cabernet Dorsa, Gamaret, Merlot oder Dionlinoir: «Wir stellten in einer Parzelle mit Cabernet Dorsa mit Pflanzjahr 2003 einen Befall in den Jahren 2006 – 2007, 2012 – 2013, 2014 – 2015 sowie 2019 fest und führten in der Folge sofort auf etwa Kniehöhe eine Stamm-Amputation an 295 der 1044 Rebstöcken aus. Alle Reben konnten dank den damit geförderten Stockaustrieben erhalten werden», zeigte sich Auer erfreut. Eine exakte Auswertung zeigte, dass es bezüglich des Befalls mit der Schwarzholzkrankheit Unterschiede bei den Unterlagen gebe. So waren 2.3 % auf 5 C und 6.4 % auf 5 BB befallen, wobei deren 14 Reben (2.5 %) aber nicht mehr ausschlugen. «Ein Befall durch die Schwarzholzkrankheit hat keine Konsequenz auf das Lebensalter einer Rebe. Voraussetzung ist aber, dass das Phytoplasma als Erreger sofort ausgehungert wird», so das Fazit von Martin.
Im Bild: In der Engelschüür in Uesslingen wurden viele Informationen über die Vergilbungskrankheiten vermittelt.