
Blenden wir zurück in das Jahr 1972: Der amerikanische Präsident heisst Richard Nixon und er sollte schon bald über die sogenannte «Watergate-Affäre» stolpern. In München finden die Olympischen Spiele statt, die von einer brutalen Geiselnahme seitens palästinensischer Terroristen geprägt waren. Da die Befreiung komplett misslingt, stellt der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt daraufhin die Vertrauensfrage im Parlament. Es kommt zu vorgezogenen Neuwahlen, die der SPD-Politiker gewinnt. In Österreich führt das Aufstellen von zweisprachigen Ortstafeln (Deutsch und Slowenisch) zu einem gesellschaftlichen Aufruhr. In Schweden formiert sich eine Popband unter dem Namen Abba. Und in der Schweiz wird der Tessiner Nello Celio Bundespräsident.
Spezialkulturen 1972
Nicht ohne Genugtuung blickt man in der ersten Nummer der SZOW auf eine gute Kirschen- und Tafelobsternte des Jahres 1971 zurück, thematisiert schon recht ausführlich die unerfreulichen Umwelteinflüsse auf Weine (besonders Pestizide und Fungizide werden als mögliche Ursache für Fehlgerüche geortet). Auch industriebedingte Emissionen werden vertieft behandelt: «Ganz allgemein ist bei teer-, phenol- und kresolverarbeitenden Betrieben grosse Vorsicht am Platze. Solche Unternehmen lassen vielfach ihre Abgase direkt, das heisst, ohne eine katalytische Nachverbrennung vorzunehmen, aus dem Betrieb entweichen. 0.1 bis 0.25 mg/L dieser Verbindungen auf Trauben genügen bereits, dass die daraus bereiteten Weine untrinkbar werden», schreibt H. Tanner der Eidg. Forschungsanstalt Wädenswil. Ebenfalls wird eindringlich davor gewarnt, «chloriertes Gebrauchswasser, insbesondere zum Spülen von Fässern, Filtrierapparaten und Schläuchen, zu benützen: Einmal im Getränk befindliche phenolische Komponenten werden unter der Wirkung von freiem Chlor zu zehnfach stärker riechenden Stoffen.»
Feuerbrand
In der Nummer 14 der SZOW, die am 24. Juni 1972 erscheint, rückt aber eine neue Gefahr ins Zentrum: Obschon seit Jahrzehnten bekannt und im Norden Europas bereits hinlänglich beschrieben, erreicht der Feuerbranderreger Erwinia amylovora auch die Deutschschweiz. Grund genug für die Verfasser der SZOW, mittels farbigem Sonderdruck eine Kampagne des Eidg. Pflanzenschutzdienstes zu publizieren, der auf die gefährliche Krankheit hinweist (Abb.). «Die Krankheit vermag sich mit grosser Geschwindigkeit auszubreiten; deshalb müssen allfällige Infektionsherde rasch erkannt und getilgt werden.» In der Folge werden die typischen Krankheitsbilder und Übertragungswege (z. B. kontaminierte Schnittwerkzeuge) aufgezeigt. Ebenso die Massnahmen zur Abwehr.

Feuerbrand war schon vor 50 Jahren ein heisses Thema (SZOW vom 24. Juni 1972). (© O+W)
Bekanntlich konnte diese Aufklärungskampagne die Ausbreitung nicht verhindern. Wie in den Artikeln «Vermehrtes Aufflackern von Feuerbrand in der Deutschschweiz» und «Feuerbrandbekämpfungsversuche: wirksame Strategien und Pflanzenschutzmittel» (O+W 02/25) aufgezeigt wird, muss auch heute noch mit Feuerbrand gerechnet werden.