«Eines Tages möchte ich die Politik 
auf nationaler EbenE mitgestalten»

Martin Farner ist nicht nur einer der grössten Händler von Walliser Aprikosen in der Deutschschweiz, er ist auch Präsident des Zürcher Engrosmarkts und seit 2019 Präsident von Swisscofel, dem Verband Schweizerischer Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhändler. Wir haben ihn gefragt, wo die Probleme bei der Vermarktung von Steinobst liegen.


Autor_Matzner Markus
Markus Matzner
Chefredaktor Fachzeitschrift Obst- und Weinbau

SZOW: Herr Farner, die Aprikosenernte hat begonnen. Ist damit für Sie der Höhepunkt des Jahres gekommen oder bedeutet der Erntestart nur «mehr» Arbeit?

Martin Farner: Es gibt jedes Jahr etliche Höhepunkte, berufliche und auch private, auf die ich mich freue. Die Zeit der Aprikosenernte ist aber schon etwas Besonderes. Ich halte mich dann jeweils während drei bis vier Wochen im Wallis auf. Dort habe ich es nicht nur mit ausgezeichneten Früchten zu tun, sondern auch mit sehr vielen sympathischen Menschen.

Sie sind einer der grössten Vermarkter von Walliser Aprikosen in der Deutschschweiz. Von welchem Umfang sprechen wir da und wer sind Ihre Hauptpartner?

Zahlen zu meinem Unternehmen gebe ich nicht bekannt. Meine Kundschaft ist allerdings breit aufgestellt. Dazu gehören die Grossverteiler, der Grosshandel, regional tätige Handelsfirmen und auch Verarbeiter von Aprikosen.

Wie sieht die heurige Aprikosenernte aus (im letzten Jahr wurden rund 9500 t gepflückt)?

Es ist eine durchschnittliche bis gute Ernte. Rund 7600 t werden geerntet, davon kommen rund 6000 t in den Handel. Wichtig ist die gute Staffelung der Ernte, denn diese heiklen Früchte sind nur begrenzt lagerfähig.

Gab oder gibt es qualitative Probleme aufgrund des feuchten und kühlen Junis?

Der Start der Aprikosensaison ist immer heikel. Enttäuschte Kunden greifen nicht so schnell wieder zu. Frost und Hagel hielten sich dieses Jahr in Grenzen. Auch sonst war die Ausgangslage gut für eine erfolgreiche Saison. Inzwischen sind wir dank den guten Bedingungen bereits mitten drin.

Sie sind Präsident von Swisscofel. Wo sehen Sie die dringlichsten Probleme bei der Vermarktung von Steinobst?

Für eine erfolgreiche Vermarktung von Aprikosen, Kirschen und Zwetschgen ist eine möglichst genaue Ernteschätzung (Mengen und Zeitpunkt) heute unverzichtbar. Die grossen Detailhändler planen ihre nationalen Aktionen bereits früh und vor der Saison. Solche Aktionen sind entscheidend für einen optimalen Abverkauf der Früchte während den Haupterntewochen. Eine Änderung des Fahrplans ist heute kurzfristig kaum mehr möglich. Deshalb müssen die gemeinsamen Produktzentren «PZ Steinobst» und «PZ Aprikosen» von Swisscofel und vom Obstverband diese Aufgabe besonders gut lösen. Hinzu kommt, dass die Qualität auf einem konstant hohen Niveau gehalten werden muss. Ein stockender Verkauf hat unweigerlich weitere Qualitätseinbussen zur Folge. In Bezug auf die Logistik kann man sagen, dass wir dank den vergleichsweise kurzen Wegen vom Wallis in die anderen Regionen der Schweiz einen grossen Vorteil haben. Die Früchte kommen reif und erntefrisch in die Läden; das ist eine Win-win-Situation für die gesamte Wertschöpfungskette und vor allem auch für die Konsumentinnen und Konsumenten.

Martin Farner ist nicht nur einer der grössten Händler von Walliser Aprikosen in der Deutschschweiz, er ist auch Präsident des Zürcher Engrosmarkts und seit 2019 Präsident von Swisscofel, dem Verband Schweizerischer Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhändler. Daneben ist er auch politisch sehr aktiv, sitzt für die Zürcher FDP im Kantonsrat und war 28 Jahre lang gemeindepolitisch in Oberstammheim aktiv. Zudem bringt er sich in über zehn Verbänden und Interessensgemeinschaften als Verwaltungsrat oder als Mitglied ein. Im letzten Herbst hätte er gern einen Nationalratssitz erobert, doch dieses Ziel blieb ihm (vorderhand) knapp verwehrt.


Auf Ihrer Homepage schreiben Sie sinngemäss: Ein Schlüsselfaktor in Fragen der Sortimentsgestaltung und der Qualitätssicherung ist eine reiche Sortenerfahrung. Wo genau legen Sie den Hebel an, um die Qualität zu sichern? Was sind die Schlüsselkriterien?

Toll finde ich, dass sich die Walliser Produzenten den ändernden Marktbedürfnissen schnell anpassen. Sie sind auch offen, neue Sorten auszuprobieren und man darf sagen, dass diese Sorten stets zu den Besten gehören, die aktuell zu Verfügung stehen. Doch es gibt auch Herausforderungen. Nicht jede Aprikosensorte, die gross und reif aussieht, ist es auch. Da braucht es grosses Können, Sorgfalt und manchmal auch etwas Geduld, damit die Erwartungen der Kunden erfüllt werden. Die beste Werbung für das Steinobst sind reife, saftige und süsse Früchte.


Auch die Spezialkulturen müssen immer häufiger den Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit in Sachen Pflanzenschutz machen. Die anstehenden Agrar-Initiativen (Trinkwasser- und Pestizid) werden wohl bald wieder auf der Agenda auftauchen. Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang?

Persönlich finde ich, dass die beiden Initiativen viel zu weit gehen. Aber es ist unbestritten, dass der Pflanzenschutz in Zukunft noch nachhaltiger sein kann und muss. Der Wille, sich weiter zu verbessern, ist auch bei den Produzenten eindeutig vorhanden. Aber sie brauchen wirksame Alternativen zu den heutigen Systemen und neues Knowhow. Diese Alternativen müssen entwickelt werden und sie müssen sich bewähren. Das Ganze ist ein Prozess, in dem die Akteure aus Forschung, Landwirtschaft, Ausbildung und Pflanzenschutz-Industrie gemeinsam und bestimmt vorangehen müssen. Darum hat Swisscofel auch von Anfang an den Aktionsplan des Bundesrats unterstützt und einen Gegenvorschlag zu den Initiativen gefordert. Erst jetzt hat das Parlament seinen Gegenvorschlag mit Reduktionszielen für das Landwirtschaftsgesetz vorbereitet und genehmigt. Es ist sehr zu hoffen, dass er nicht zu spät kommt und vor allem, dass er genügend politisches Gewicht erhält. Der Bundesrat ist also weiterhin gefordert.


Wird sich Swisscofel in den Abstimmungskampf einschalten?

Swisscofel ist ein heterogener Verband. Er setzt sich aus Unternehmen zusammen, die je nach politischem Thema manchmal recht unterschiedliche Strategien haben. Wir haben uns darum in den politischen Debatten während den letzten 20 Jahren stets zurückgehalten. Wenn, dann haben wir uns primär sachlich eingebracht und konstruktive bzw. konkrete Vorschläge gemacht, wie die politischen Ziele praxisgerecht erreicht und umgesetzt werden können. Ein Beispiel dafür ist die Einführung des SwissGAP-Standards durch Swisscofel. Da hat sich die gesamte Branche aufgemacht, die «gute Herstellungspraxis» für die Spezialkulturen in der Schweiz zu definieren. Das hat damals nicht allen gefallen, doch heute ist es der Standard.

 

Wenn man Ihren Namen googelt, erhält man eine eindrückliche Liste Ihrer Tätigkeiten (Früchtehändler, Weinbauer, Berater, FDP-Kantonsrat, Präsident Swisscofel, verschiedene Verwaltungsräte, u. a. im Zoo Zürich, Vorstand im Hauseigentümerverband und weitere Mandate). Zurzeit sind Sie an einem Fachausschuss im Wallis. Hat Ihr Tag mehr als 24 Stunden oder anders gefragt, wie bewältigen Sie das alles?

Wie eingangs erwähnt, machen mir die vielen Themen Freude. Wenn mich etwas interessiert, dann kommen Motivation und Engagement von ganz allein. Es kommt schon vor, dass mein Zeitplan eng getaktet ist. Aber das hilft auch, Leerläufe zu vermeiden. Dazu kommt, dass ich mich bei praktisch allen Mandaten auf ein sehr effizientes Team verlassen kann, das weiss, wohin die Reise gehen soll.


Sie sind ein Macher, ein Unternehmer und Kämpfer (wie Sie sich selbst beschreiben). Die Wahl in den Nationalrat hat letztes Jahr aber nicht geklappt. Schmerzt diese Niederlage noch oder sind Sie mittlerweile fast froh darüber?

Ja, das Rennen war äusserst knapp und wurde erst bei der Auszählung im letzten Wahlkreis entschieden. Ich bin nun seit mehr als 30 Jahren aktiv in der Politik und bekanntlich gehört es dazu, dass manchmal mehr als ein Anlauf nötig ist, um ein Ziel zu erreichen. Nach meinem Engagement auf kommunaler und kantonaler Ebene hätte mich ein Wechsel in den Nationalrat schon sehr gereizt und das tut es immer noch. In den letzten Jahren habe ich meinen Fokus darum vermehrt auch auf Verbände mit nationaler Wirkung – wie z.B. Swisscofel – ausgerichtet. Und ja, es ist noch immer mein Herzenswunsch, eines Tages auf nationaler Ebene unsere Politik mitgestalten zu können.