Liebe Leserin, lieber Leser
Immer wieder erhalten wir Zuschriften, wonach wir für gewisse Lesergruppen zu wenig Inhalt böten. Eher dem Weinbau zugeneigte Leserinnen monieren zu viel Obstbau und umgekehrt fordern Obstbauern mehr aus ihrem Bereich. Dieses Problem kannte schon der erste Chefredaktor dieser Zeitschrift: Hermann Müller-Thurgau. 1892 schrieb er sinngemäss, es werde die Zeit weisen, ob es ein kluger Schachzug gewesen war, beide Sparten in einer Zeitschrift zu vereinen. Vordergründig kann man schon sagen, dass die Probleme einer Obstbäuerin, die Hochstamm-Kirschen produziert (s. Porträt «Im Einsatz für Hochstämmer»), nur wenig mit der Lebensrealität eines Herstellers von Blauburgunderweinen gemein haben. Doch spätestens auf den zweiten Blick fallen einem auch viele Parallelen und Ähnlichkeiten auf: Nicht nur der Klimawandel fordert beide, auch die Misere beim Pflanzenschutz, das Wetter, die politischen Diskussionen in Bern. Zudem müssen sich beide Sparten mächtig anstrengen, um genügend Nachwuchs zu finden und auch den innerfamiliären Wünschen und Neigungen zu entsprechen. Dass der Sohn oder die Tochter den Job der Eltern übernimmt, ist schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr.
Trotz aller verständlichen Kritik (die wir gerne auch weiterhin von Ihnen erhalten möchten) denken wir, dass es sinnvoll ist, den Spagat zwischen Obst- und Weinbau auch weiterhin zu machen. Nicht zuletzt, weil das Gemeinsame wichtiger zu werten ist als das Trennende. Somit hoffe ich, dass auch dem Winzerhandwerk zugewandte Fachleute viel Interessantes in diesem Dossier finden, das sich für einmal dem Steinobst widmet. Und umgekehrt werden vielleicht auch viele Obstbauern realisieren, dass die Herausforderungen eines volatilen Markts und die Ansprüche jüngerer Käuferschichten ziemlich anders daherkommen, als sie es sich vielleicht gewohnt waren (s. Artikel «Weinkonsum im Sinkflug»).
So hoffen wir, dass wir auch in Zukunft das publizistische Leitmedium der Obst- und Weinbranche und auch der Destillate-Hersteller bleiben können und bedanken uns für Ihre Treue.
Ihr
Markus Matzner
Chefredaktor Obst+Wein
