Liebe Leserin, lieber Leser
Was nimmt man sich nicht alles vor? Ich, zum Beispiel, nehme mir jedes Jahr von Neuem vor, weniger Nebensätze zu bilden. Andere meinen, um die nötige Aufmerksamkeit zu erhalten, müssten sie ausschliesslich in Hauptsätzen (mit Ausrufezeichen) parlieren. Wieder andere machen stets zu kurze Sätze und landen folglich im Bach. Okay, fertig herumgealbert: Nichts gegen gute Vorsätze, sie sind wichtig, um sich wieder auf Kurs zu bringen. Aber man muss sie auch umsetzen. Vielleicht wäre es sinnvoller, sich z. B. vorzunehmen, dass man die vielen Nebenschauplätze ausblenden und sich aufs Wesentliche konzentrieren sollte. Weniger Ablenkung, mehr Achtsamkeit, so das Credo.
Aber auch da lauern gewaltige Fallgruben. Jahreszeitgemäss verzichtete kaum ein Medium darauf, zu bilanzieren. Die Landwirtschaft stand in vielen Artikeln im Fokus und da las man Besorgniserregendes: Unter der Schlagzeile «Bauern vergiften sich selbst» setzte die NZZaS (22.12.24) die Nervenkrankheit Parkinson in Relation zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Es gebe keine fachlichen Zweifel mehr, meinte eine Expertin, dass hier ein kausaler Zusammenhang bestehe. Besonders gefährlich sei Kupfersulfat, hiess es weiter. Deshalb werden in Frankreich, Italien und bald auch in Deutschland pestizidbedingte Krankheiten als Berufskrankheiten gelistet. In der Schweiz sieht das anders aus. Hier gebe es keine nationalen Daten, die den Zusammenhang hinlänglich belegen könnten. Dabei dürften auch die hiesigen Verantwortlichen wissen, was die Lausanner Toxikologin Aurélie Berthet im Bericht folgendermassen zusammenfasst: «Besonders hoch sind die Belastungen unmittelbar nach dem Spritzen, wenn man sich nicht mehr mit Handschuhen und Maske schützt.» Aber genau hier liegt die Fallgrube, die man als Leserin oder Leser vor lauter Betroffenheit leicht übersieht: «Wenn eine Substanz keine Nebenwirkung zeigt, so besteht der dringende Verdacht, dass sie auch keine Hauptwirkung hat.» Dieser Satz stammt vom Pharmakologen Gustav Kuschinsky (in swiss-food.ch) und bringt auf den Punkt, wo des Pudels Kern liegt: Es ist der sachgerechte und achtsame Umgang mit Risikostoffen. Hier gilt es, künftig anzusetzen.
Ihr
Markus Matzner
Chefredaktor Obst+Wein