SZOW: Herr Felder, wie fällt Ihr Resümee über das Piwi-Symposium aus?
Beat Felder: Wir sehen, Piwi hat Zukunft. Die Zentralschweiz ist die Region in der Schweiz mit den meisten Piwi-Sorten im Anbau. Jeder dritte Rebstock ist Piwi und das wird zunehmen. Das Potenzial der Sorten ist gewaltig.
Allerdings muss man den Konsumenten wohl den Begriff Piwi erklären. Was ist Ihre Erfahrung?
Den Begriff Piwi kann man den Leuten nicht erklären. Aber vor allem bei jungen und weiblichen Weinkonsumenten spielt die Sorte ohnehin keine grosse Rolle. Sie konsumieren Piwi-Sorten, weil es etwas Neues ist. Heutzutage wohnen die Leute immer näher bei den Rebbergen, alles wird urbaner, da kann man nicht Pflanzenschutz betreiben, wenn auf dem Nachgrundstück einer am Grillieren ist.
Ein weiteres Problem ist ja, dass die Leute glauben, dass schon Bio spritzmittelfrei ist. Nun kommt Piwi, da wird man Mühe haben, den Konsumenten alles in zwei Sätzen erklären zu können.
Die Leute verstehen sehr wohl, dass Winzer weniger spritzen möchten und sie wollen das auch hören. Gerade angesichts der nahenden Initiativen sind die Rebbauern gefordert, aber im Gegensatz zu anderen Bereichen in der Landwirtschaft gibt es im Weinbau ja tatsächlich Alternativen zur herkömmlichen Bewirtschaftung dank Piwi. Die Innerschweiz ist eine innovative Region, der Weinbau boomt. Im Gegensatz dazu herrschen in der Westschweiz andere Verhältnisse. Mit dem Chasselas kann man nicht einfach umstellen. Auch beim Blauburgunder lässt sich das nicht machen. Aber wenn man aktiv drangeht, dann lässt sich etwas erreichen. Das haben wir in der Zentralschweiz bewiesen.
Aber kann man Weinfreunden vorschreiben, auf ihre favorisierten Sorten zu verzichten, nur weil Piwi adäquater ist?
Nein, das geht natürlich nicht. Aber es gibt Strategien, indem man europäische Sorten mit Piwi-Weinen kombiniert. Mit der Zeit gewöhnen sich die Leute auch an die Piwi-Sorten. Das funktioniert.
Kommen Winzer aktiv auf Sie zu, um sich über Piwi zu informieren?
Absolut. Die jungen Winzer wollen umstellen. Gar nicht nur wegen ihren Kunden, sondern vielmehr für sich selbst. Rebbauern sind es gewohnt, für gute Lebensqualität zu stehen. Regelmässig mit der Spritze durch die Reben zu fahren, gehört auch für sie nicht zur gewünschten Lebensqualität. Deshalb suchen sie nach Alternativen.
Ohne in politische Tiefen abzusteigen, was bedeuten die beiden anstehenden Initiativen für den Schweizer Weinbau?
Für Weinbauern, die ihren Wein gut verkaufen können, spielen die Direktzahlungen eine weniger grosse Rolle. Deshalb wird die Trinkwasserinitiative dort einen weniger grossen Einfluss haben. Bei Traubenverkäufern, steilen Lagen und hoher Biodiversität erhöhen sich die Direktzahlungen auf einen Anteil bis gegen 25 % des Ertrages. Da hätte ihr Wegfall einen enormen Einfluss auf den Weinbau. Die zweite Initiative zum Verbot von Pestiziden lässt sich heute so nicht umsetzen, das ist klar.
Somit rechnen Sie damit, dass die Trinkwasserinitiative angenommen werden könnte?
Man muss das im Hinterkopf haben. Wer nicht darauf vorberietet ist, fällt auf die Nase.
Was haben Sie am Symposium für neue Sorten entdeckt?
Mir hat der Blütenmuskateller aus Österreich sehr gefallen, den werden wir versuchsweise anpflanzen.