Bauern zufrieden – Naturschutzorganisationen noch nicht

Der Bundesrat hat in einem Bericht den Weg von Landwirtschaft und Ernährung bis 2050 skizziert. Vom Bauernbetrieb über Zwischenhandel und Verarbeitung bis auf den Teller soll die ganze Kette nachhaltiger werden und mehr zur Ernährungssicherheit beitragen können als heute. Der Bauernverband zeigt sich weitgehend zufrieden mit den Vorschlägen zur Agrarpolitik der Zukunft – unter anderem Umweltschutzorganisationen fordern aber Nachbesserungen.


Renate Hodel
LID

Der Bundesrat will im Rahmen der neuen Stossrichtung in der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik die Produktivität steigern, Böden und Wasser schonen, die nachhaltige Wertschöpfung stärken und auch die Konsumentinnen und Konsumenten in der Pflicht nehmen.

National- und Ständerat haben vor über einem Jahr die Agrarpolitik 2022+ auf Eis gelegt und eine Langfristperspektive verlangt, die auch die Themen wie Ernährungssicherheit und Lebensmittelverschwendung beinhalten sollte. Mit dem Bericht «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» ist der Bundesrat dieser Forderung nun nachgekommen und hat darin vier Stossrichtungen skizziert, mit denen die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft künftig einen noch grösseren Beitrag an die Ernährungssicherheit leisten soll. In die Überlegungen seien das gesamte Ernährungssystem von der Produktion bis zum Konsum miteinbezogen worden, teilte Landwirtschaftsminister Guy Parmelin mit.

Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik

Weiterhin sollen Schweizer Bauern mehr als die Hälfte der nachgefragten Lebensmittel herstellen. Dabei soll die Produktivität gegenüber 2020 um fünfzig Prozent steigen, namentlich dank neuen Technologien. Die Treibhausgasemissionen sollen mindestens vierzig Prozent unter dem Stand von 1990 liegen. Im Vergleich zu heute sollen die Lebensmittelverluste in der gesamten Wertschöpfungskette um drei Viertel reduziert werden.

Die vorgelegte Strategie soll mit entsprechenden Massnahmen und in drei Etappen umgesetzt werden. So sei die erste Etappe mit der parlamentarischen Initiative «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» ja bereits beschlossen, teilte der Bundesrat weiter mit.

Vier Stossrichtungen

Um eine resiliente Lebensmittelversorgung sicherzustellen, will der Bundesrat, dass die Produktionsgrundlagen wie zum Beispiel Boden und Wasser schonend genutzt werden. Daneben will er eine klima-, umwelt- und tierfreundliche Lebensmittelproduktion fördern. So sollen die Landwirtinnen und Landwirte beispielsweise Nährstoffverluste und die Risiken bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vermindern. Auch die Stärkung der nachhaltigen Wertschöpfung gehört zum bundesrätlichen Paket: Die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft müsse weiter verbessert und neue Ernährungstrends proaktiv genutzt werden.

Dazu sollen die agrarpolitischen Instrumente vereinfacht und der administrative Aufwand verringert werden. Und schlussendlich will der Bundesrat auch die Konsumentinnen und Konsumenten miteinbeziehen und nachhaltigen Konsum begünstigen. Die Herstellungsmethoden der Lebensmittel sowie deren Wirkung auf Klima oder Tierwohl müssten den Konsumentinnen und Konsumenten bekannt sein oder bekannt gemacht werden. Die Schweizerinnen und Schweizer sollen zukünftig ausserdem auf eine gesündere und ausgewogenere Ernährung achten und keine Lebensmittel mehr wegwerfen, die noch geniessbar wären.

Mehr oder weniger zufrieden

Grundsätzlich zufrieden mit dem Bericht zeigt sich der Schweizer Bauernverband. Im Grossen und Ganzen biete der Bericht für die Schweizer Landwirtschaft und die Bauernfamilien positive Perspektiven zur künftigen Ausrichtung der nationalen Agrarpolitik, heisst es in einer Mitteilung des Verbands. Der Bericht solle als Grundlage für die Debatte zur künftigen Agrarpolitik dienen und die Grundlagenarbeit sei für die weitere Diskussion hilfreich. Der Schweizer Bauernverband werde des Weiteren die zukünftigen Schritte in der Agrarpolitik eng und im Sinne der Bauernfamilien begleiten.

Auch der Konsumentenschutz begrüsst den Bericht, der Ordnung und Perspektive in die hochkomplexe politische Situation bringe. Geschäftsleiterin Sara Stalder mahnt in der Mitteilung des Konsumentenschutzes allerdings, dass ohne ehrliches und koordiniertes Engagement von Detailhandel, Gastronomie und Lebensmittelindustrie, ein breiter Wandel beim Konsumverhalten nicht zu erwarten sei.

Weniger zufrieden sind die Umweltschutzverbände wie Greenpeace, WWF, Pro Natura und Bird Life. Die bundesrätliche Vision gehe zwar in die richtige Richtung, die Strategie bleibe aber unscharf, teilen sie in einem gemeinsamen Schreiben mit. Und es bleibe offen, wie diese Vision erreicht werden solle. So liessen sich die drängenden Herausforderungen durch die Klima- und Biodiversitätskrise kaum angehen, monieren sie. Und auch die Agrarallianz kritisiert, dass der Bericht wenig deutlich formuliert sei und fordert mehr Klarheit: «Wie die Vision nun in die Tat umzusetzen ist, bleibt leider schwammig.»

Der Schweizer Tierschutz beanstandet zudem, dass der Bundesrat das Anreizprogramm «Tiergesundheit» gestrichen hat und so Tierwohl und Tiergesundheit auf der Strecke bleiben würden. Er fordert, dass die Tiergesundheitsbeiträge wieder aufgenommen und neue Impulse bei den Tierwohlprogrammen gesetzt würden.

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