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Deutschschweizer selbsteinkellernde Weinbauern haben getagt

Die Sektion Deutschschweizer selbsteinkellernden Weinbauern haben in Würenlingen (AG) getagt. Dabei standen vor allem die Zukunft und die weitere Entwicklung der heute selbstständigen Sektion im Zentrum.

Artikel von:
Roland Müller
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 06 / 2024 , S. 27

In der Schweiz sind weit über 400 Weinbaubetriebe mit Eigenkelterung der Schweizerischen Vereinigung der selbsteinkellernden Weinbauern (SVSW) in einer von sieben Sektionen angeschlossen. Dazu gibt es Dutzende von weiteren Betrieben, welche sich ebenfalls als Selbsteinkellerer bezeichnen, aber dem Verband nicht angehören. In der Sektion Deutschschweiz, die sich vom Baselbiet bis in den Kanton Graubünden erstreckt, sind es aktuell 59 Betriebe, die Mitglied sind und auch das entsprechende Logo verwenden dürfen. Damit ist sie die drittgrösste Sektion der Schweiz. 25 Betriebe sind im Kanton Zürich, 14 im Kanton Graubünden, neun im Aargau, sieben im Thurgau sowie je zwei in Baselstadt und Schaffhausen angesiedelt. Konkret bewirtschaften diese Betriebe rund ein Sechstel aller Reben in 19 Deutschschweizer Kantonen ohne den Bielersee.

Schwierige Rekrutierung

Obwohl man eine beachtliche Anzahl Mitglieder verzeichnet, bekundete man in den letzten Jahren immer mehr Mühe, den Vorstand zu besetzen. «Auf unseren mehrmaligen Aufruf zum Mittragen der Sektion Deutschschweiz hat sich leider niemand bereit erklärt, im Vorstand mit zu arbeiten», schrieb Beat Kamm (Teufen/ZH), Sektionspräsident und zugleich Vizepräsident des nationalen Dachverbands. Mit dieser Ausgangslage wurden die Mitglieder an ihrer Generalversammlung in Würenlingen konfrontiert. Bereits bei der Präsentation der Zahlen zeigte sich, dass die Sektion nach zweimaligen Überschüssen über ein beachtliches Vermögen von über 36 000 Franken verfügt. «Wenn es jüngere Mitglieder gibt, die etwas machen wollen – Geld wäre vorhanden», sagte Kamm.

Mit grossem Engagement führt Beat Kamm die Deutschschweizer Sektion der selbsteinkellernden Weinbauern. (© R. Müller)

 

Beim Jahresrückblick ging Kamm mit der Schweizer Weinhandelskontrolle (SWK) scharf ins Gericht. Die nationale Dachorganisation führte nach Einführung der obligatorischen Kellerbuchkontrolle über mehrere Jahre hinweg einen juristischen Kampf gegen die SWK, weil man nicht mehr zwischen der bäuerlichen (Selbstkelterung) und gewerblichen Weinproduktion unterschieden hatte. Der Kampf ging nun verloren, ganz will der Dachverband aber noch nicht aufgeben. Denn auch andere Branchenmitglieder sind mit der SWK nicht zufrieden. Zugleich kritisierte er die geplante Einführung von DigiFLUX, die einen grossen Mehraufwand mit sich bringt. Von einer besonderen Herausforderung sprach Kamm mit Blick auf die Bildung, die das Kernelement der zukünftigen Verbandsarbeit sein wird. Denn es fehlt an beruflichem Nachwuchs. «Mir sind drei Betriebe bekannt, die infolge ungeregelter Nachfolge in den nächsten Jahren aufgelöst werden», hielt Kamm fest.

Intensive Diskussion über Zukunft

Kamm machte keinen Hehl daraus, dass die Zukunft der Deutschschweizer Sektion an einem seidenen Faden hängt. «Die Tage der Sektion in der heutigen Form sind gezählt. Es braucht aber das Gewicht der Deutschschweiz im nationalen Dachverband», rief Kamm in Erinnerung. Dabei präsentierte der Vorstand verschiedene Lösungen und Möglichkeiten: auflösen, einschlafen lassen oder fusionieren. Dabei muss aber auch beachtet werden, dass mit Blick auf die Interessenvertretung und die Berufsbildung Strukturen benötigt werden. «Grundsätzlich sind wir in den kantonalen Branchen stark eingebunden und können uns auch entsprechend über diese im Branchenverband Deutschschweizer Wein einbringen», führte Kamm aus. Nach längeren Diskussionen kam die Versammlung zum Schluss, dass vorerst nichts beschlossen wird. Welche der drei möglichen im Raum stehenden Varianten gewählt wird, muss abgeklärt werden, was noch einige Zeit benötigt. «Die einfachste Variante wäre natürlich die Weiterführung der Sektion. Dafür müssten sich aber zwei bis drei gestaltungswillige Mitglieder melden», hielt Kamm fest. Mit Blick auf diese Ausgangslage beschlossen die Mitglieder einstimmig, die Jahresbeiträge auch für das laufende Jahr einzuziehen.

Vom Statut zur Charta

Intensiv setzten sich die Mitglieder auch mit der beantragten neuen Charta auseinander, die für die Verbandsmitglieder den Traubenzukauf regelt. Die alte Fassung, die als Statut letztmals 1998 angepasst wurde, schrieb vor, dass unabhängig von der Betriebsgrösse maximal 2500 kg Trauben (2000 L) zugekauft werden können. Es zeigte sich nun immer mehr, dass diese Einschränkung nicht mehr der heutigen Zeit und den Anforderungen der Betriebe entspricht. Deshalb beantragte der Vorstand des nationalen Dachverbands, anstelle des Statuts eine Charta einzuführen, die den Traubenzukauf auf die Betriebsfläche ausrichtet. «Uns liegt ein Entwurf vor, der basierend auf den Traubenpass einen maximalen Zukauf von 30 Prozent ermöglichen soll», führte Kamm aus. Doch mit dieser relativ hohen Quote konnten sich die anwesenden Mitglieder nicht anfreunden. Da zugleich die Sektion Wallis auf 10 Prozent pochte, war bei 30 Prozent von einer Verwässerung des Gütesiegels die Rede. Somit tendierten die Mitglieder auf eine deutlich tiefere Quote, die am Nachmittag an der Generalversammlung des nationalen Dachverbandes in Würenlingen (AG) diskutiert und in diesem Sinne auch bestätigt wurde.

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