Die inflationäre Medaillenflut bei 
Weinwettbewerben und was das mit Alice zu tun hat

Winzerinnen und Weinproduzenten wissen, Gold- und Silbermedaillen steigern den Verkaufswert ihrer Weine. Folglich stehen Weinwettbewerbe hoch im Kurs und der Medaillensegen ist gross. Teilweise sehr gross. Stellt sich die Frage: Wann werden Konsumentinnen und Kunden misstrauisch?


Autor_Matzner Markus
Markus Matzner
Chefredaktor Fachzeitschrift Obst- und Weinbau

Lewis Carrolls berühmte Geschichte von «Alice im Wunderland» begeistert dank ihrer fantastischen, absurden und hinterlistigen Einfälle seit jeher Kinder wie Erwachsene. In unserem Zusammenhang erscheint eine Episode besonders erwähnenswert: das «Caucus Race», also das «Caucus-Rennen». Es bezeichnet einerseits eine Eigenheit des US-amerikanischen Wahlkampfs, wird in Carrolls Kindergeschichte jedoch im Sinne eines «eigenartigen Rennens» verwendet. Dieses Rennen kennt keine Regeln. Jeder Teilnehmer dreht in unterschiedlichem Tempo seine Runden, aber kommt nicht vorwärts, und am Ende gewinnt jeder einen Preis. Einem Kind wie Alice erscheint das merkwürdig und es versteht auch nicht, warum es einen Preis zugesprochen erhält, wo es doch nichts Besonderes geleistet hat. Anders reagieren Erwachsene: Ihnen erscheint dies häufig nicht so merkwürdig, sondern gar adäquat.

 

«Alle» gewinnen

Weinprämierungen sind teilweise in ihrer Anlage ähnlich wie ein «Caucus Race». Zwar gewinnen in der Regel nicht alle einen Preis, aber doch viele. Angesichts der teilweise beachtlichen Kosten pro Wein (IWPZ/Expovina Fr. 190.– pro ...