Entwicklung nachhaltiger Strategien 
zur Unkrautregulierung im Obstbau

Teil 3: Blühstärke, Ertrag, Fruchtqualität, Mineralstoffe, Lagerfähigkeit: Wie beeinflussen verschiedene Verfahren der Unkrautregulierung die Blühstärke, den Ertrag und die Fruchtqualität beim Apfel? Versuche zu dieser Frage fanden im Rahmen eines Interreg-V-Projekts an den Standorten Wädenswil (CH), KOB Bavendorf (D) sowie Schlachters (D) statt. In Weihenstephan (D) wurde zudem die Lagerfähigkeit der Früchte geprüft.


Johannes Werth | Thomas Kuster
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) | Agroscope, Wädenswil
  • Dominikus Kittemann und Michael Beck, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf HSWT (D)
  • Esther Bravin, Agroscope (CH)
  • Sascha Buchleither, Michael Zoth, Christian Scheer und Daniel Neuwald, Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee Bavendorf KOB (D)

Die beiden letzten Artikel der vierteiligen Serie zur Unkrautregulierung im Obstbau befassten sich mit den Auswirkungen verschiedener unkrautregulierender Massnahmen (Varianten s. Tab. 1, SZOW 14/2020) auf das Bodenklima, das Bodenleben, die Stickstoffdynamik sowie das Wachstum der Bäume.

 

Blühstärke

Ein Vergleich der Blühstärke ermöglicht erste Aussagen der Auswirkungen einzelner Verfahren zur Unkrautregulierung auf das Ertragspotenzial sowie die Alternanz. Im Rahmen des Projekts wurde die Blühstärke am Standort Bavendorf bei den Sorten Topaz und Shalimar sowie in Wädenswil bei der Sorte Gala Galaxy in Vollertragsanlagen (Pflanzjahre 2009, 2010, 2012) in den Jahren 2018, 2019 sowie 2020 bonitiert.

Zwischen den Varianten zur Unkrautregulierung wurden dabei an beiden Standorten keine relevanten Unterschiede festgestellt. Das bedeutet, dass der Bewuchs des Baumstreifens mit Unkräutern sowie die Strategie der Unkrautregulierung, zumindest innerhalb dieses kurzen Versuchszeitraums, keinen Einfluss auf die Blühstärke bzw. Alternanz der Bäume hatten. Fazit: Es wurde kein Einfluss der Unkrautregulierung auf die Blühstärke gemessen.

Einzelbaumertrag

An den Versuchsstandorten Wädenswil, KOB-Bio und KOB-IP konnten beim Ertrag keine signifikanten Unterschiede zwischen den geprüften Strategien festgestellt werden. Selbst die Kontrolle ohne Unkrautregulierung zeigte z. B. in der Gala-Anlage im Vollertrag in Wädenswil über den Versuchszeitraum keine Ertragseinbussen (Tab. 1). Ebenfalls konnten in Wädenswil keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Herbizidvarianten festgestellt werden.

 

Tab. 1: Erntemengen 2016 bis 2020 in der Altanlage Wädenswil, Sorte Gala Galaxy (kg/Baum ± Standardfehler). Zwischen den Varianten wurden innerhalb eines Versuchsjahrs keine statistischen Unterschiede festgestellt. Die Strategien wurden während der Versuchsdauer an die aktuelle Bewilligungssituation angepasst: Alce und Basta wurden durch Pelargonsäure und Fettsäuren resp. im Nacherntebereich durch Glyphosate oder durch eine Kombination aus einem Wuchsstoff- und einem Gräserherbizid ersetzt. Lücken: Einmalige Behandlung mit einem nicht mehr zugelassenen Herbizid, die aufgrund der Übersichtlichkeit nicht mehr dargestellt wird.

 

 

In der Bio-Anlage am KOB wurde in der Variante «Hacken solo» (= ganzjährig Krümler) sowie in den Kombinationsvarianten, in denen das Hackgerät mehrmals in der Saison zum Einsatz kam, in den Versuchsjahren 2018 und 2019 tendenziell ein höherer Einzelbaumertrag ermittelt als in der Variante mit regelmässigem Fadengerät-Einsatz. In den Hackvarianten lagen die Einzelbaumerträge durchschnittlich um 2.0 kg (2018) respektive um 3.5 kg (2019) höher als in der Variante, die zwischen Frühjahr und Herbst ausschliesslich mit dem Fadengerät bearbeitet wurde. Allerdings konnten diese Ergebnisse statistisch nicht abgesichert werden.

In Schlachters hingegen zeigte in der Junganlage mit der Sorte Jonagold (Pflanzjahr 2017) die Kontrolle ohne Unkrautregulierung im dritten Standjahr mit 5 kg pro Baum höhere Erträge als die anderen Varianten. Dies ist vermutlich auf den geringen Ertrag in dieser Variante im Vorjahr und damit nicht direkt auf den Einfluss der unkrautregulierenden Massnahmen zurückzuführen. Alle anderen Varianten, bestehend aus rein chemischen, rein mechanischen oder kombinierten Massnahmen, unterschieden sich hinsichtlich des Ertragsverhaltens in dieser jungen Anlage nicht. Die 2018 gepflanzte Versuchsanlage in Wädenswil mit den Sorten Bonita und Gala ist aufgrund des Alters bezüglich Ertrag noch nicht aussagekräftig. Es bleibt abzuwarten, ob sich mögliche Unterschiede mit zunehmendem Alter der Anlagen in Schlachters und Wädenswil ergeben.

Ein anderes Bild zeigte sich in der Anlage in Schlachters im Vollertrag mit der Sorte Fuji (Pflanzjahr 2010, Abb. 1). In der Tendenz ist zu sehen, dass 2019 die Kontrolle ohne Unkrautregulierung mit durchschnittlich 7.5 kg den niedrigsten und die Varianten mit Herbizideinsatz (rein chemisch oder kombiniert) mit zwischen 12.6 und 13.9 kg die höchsten Einzelbaumerträge erzielten. Die Erträge der rein mechanischen Varianten lagen dazwischen. Ein vergleichbarer Trend zeigte sich in dieser Anlage bereits im Jahr zuvor. Damit waren in Schlachters, wie bereits für die anderen Standorte erwähnt, keine statistisch gesicherten Unterschiede zwischen den chemischen, mechanischen oder kombinierten Strategien festzustellen. Quintessenz: Bei Junganlagen kann die Unkrautregulierung die Erträge beeinflussen. Bei Anlagen im Vollertrag wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen chemischer und mechanischer Unkrautregulierung gemessen.

 

 

Abb. 1: Einzelbaumertrag in Abhängigkeit der Unkrautregulierung in einer Fuji-Anlage im Vollertrag am Standort Schlachters im Jahr 2019. Verschiedene Buchstaben geben statistisch signifikante Unterschiede an (p < 0.05, Fehlerbalken = Standardabweichung).

 

Fruchtgrösse

Auch bezüglich der Fruchtgrösse ergaben sich in den Anlagen in Wädenswil sowie am KOB (IP und Bio) keine Unterschiede zwischen den Strategien. In Schlachters zeigte sich wiederum im Jahr 2019 ein anderes Bild: Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse in der Junganlage mit Jonagold (Pflanzjahr 2017). Die rein mechanischen Varianten hatten tendenziell einen höheren Anteil an kleinen Früchten zur Folge (oranger Balken). Die Herbizidvariante mit Glyphosat sowie die kombinierte Variante mit Herbizid im Frühjahr und Fadengerät über den Sommer ergaben im Gegensatz dazu grössere Fruchtkaliber (hellblauer Balken). Alle anderen Strategien lagen bezüglich der Fruchtgrösse in etwa dazwischen. Die Ergebnisse legen nahe, dass sich in dieser Anlage eine effiziente Unkrautregulierung vor allem im Frühjahr durch den Einsatz von Herbiziden positiv auf die Fruchtgrösse ausgewirkt hat. Diese Ergebnisse sind jedoch zum Teil nicht statistisch abgesichert. In der Vollertragsanlage mit der Sorte Fuji (Pflanzjahr 2010) zeigte die Kontrolle ohne Regulierung der Unkräuter kleinere Kaliber als alle anderen Varianten. Ergebnis: Die Unkrautregulierung hatte nur geringe Einflüsse auf die Fruchtgrösse.

 

Abb. 2: Einfluss verschiedener Strategien der Unkrautregulierung auf die Fruchtgrössenverteilung zur Ernte bei der Sorte Jonagold (Pflanzjahr 2017) im Jahr 2019 (Anteil in Gewichtsprozent in einzelnen Grössen­klassen). Verschiedene Buchstaben geben statistisch signifikante Unterschiede innerhalb der jeweils gleichen Grössenklassen an (p < 0.05).

 

 

Deckfarbenanteil der Früchte

Der Deckfarbenanteil hing erwartungsgemäss vor allem vom jeweiligen Fruchtbehang sowie dem Alter der Anlage und weniger von den durchgeführten Massnahmen zur Unkrautregulierung ab. So war z. B. in Wädenswil entsprechend den Ergebnissen zu Blühstärke, Fruchtertrag und Fruchtgrösse auch bei der Ausfärbung kein Unterschied zwischen den getesteten Strategien der Unkrautregulierung festzustellen. Auch in Schlachters zeigten sich an den Jungbäumen mit guten Lichtverhältnissen bei Jonagold im zweiten und dritten Standjahr keine Unterschiede hinsichtlich der Ausfärbung. In der Vollertragsanlage der Sorte Fuji hingegen war in der Kontrolle ohne Unkrautregulierung, bei geringerem Fruchtbehang, gleichzeitig ein höherer Anteil an Früchten in der Klasse 80 bis 100 % Deckfarbe zu verzeichnen.

In der Bio-Anlage am KOB konnte 2018 und 2019 bei der Sorte Shalimar in der Variante «Krümler + Fadengerät ab Frühjahr» ein höherer Anteil an Früchten mit einem Deckfarbenanteil von 80 bis 100 % bei gleichzeitig tendenziell geringerem Behang ermittelt werden. In der IP-Anlage am KOB war vor allem in den Varianten «Rollhacke ganzjährig» sowie «Krümler + Fadengerät» ein etwas höherer Deckfarbenanteil festzustellen (Abb. 3). Die Kontrolle hatte hier wie in Schlachters einen höheren Anteil gut gefärbter Früchte. Zusammenfassend wurde bezüglich der Ausfärbung der Früchte kein allgemeingültiger Einfluss der Unkrautregulierung festgestellt.

 

Abb. 3: Verteilung der Rotfärbung bei Topaz am Standort KOB (Mittelwerte der Jahre 2018 und 2019).

 

Mineralstoffgehalte zur Ernte

Um Aussagen zum Einfluss der Unkrautregulierung auf die Mineralstoffgehalte in den Früchten treffen zu können, wurden die Äpfel aus Schlachters und Bavendorf nach der Ernte auf Kalium, Calcium, Magnesium sowie Phosphor untersucht. Am KOB konnten bezüglich der Mineralstoffgehalte keine Unterschiede zwischen den Strategien gemessen werden. Gleiches galt für die Sorte Fuji aus der Vollertragsanlage in Schlachters. Unterschiede waren lediglich beim Kaliumgehalt in der Junganlage in Schlachters festzustellen. 2018 hatte die Herbizidvariante mit Glyphosat die höchsten, die Varianten «Herbizid + Fadengerät» sowie «Herbizid + Krümler» die niedrigsten Kaliumgehalte (Tab. 2).

 

Tab. 2: Mineralstoffgehalte der Sorte Jonagold zur Ernte 2018 in Schlachters (Fr.S. = Frischsubstanz).

 

Ein ähnliches Bild zeigte sich 2019, wobei hier zusätzlich die Variante «Krümler + Fadengerät» die höchsten Calciumgehalte aufwies. In wie weit diese Ergebnisse auf eine Konkurrenzwirkung durch wachsende Unkräuter oder auf mögliche Unterschiede im Fruchtbehang zurückzuführen sind, lässt sich anhand der Ergebnisse nicht eindeutig sagen. Entscheidend ist, ob sich Unterschiede in den Mineralstoffgehalten auf die Lagerfähigkeit der Früchte auswirken. Fazit: An einem Standort wurden Unterschiede bei den Kalium- und Calciumgehalten zwischen einzelnen Varianten festgestellt.

Fruchtqualität zur Ernte sowie Lagerfähigkeit

Zur Ernte wurden die Früchte hinsichtlich Fruchtfleischfestigkeit, Stärkeabbau, Zucker- sowie Säuregehalt untersucht. Dabei konnten an keinem der Standorte Unterschiede zwischen den Varianten festgestellt werden. Damit hatte die im Vergleich zu den anderen Varianten höhere Konkurrenz um Wasser (SZOW 12/2020) und Nährstoffe (SZOW 14/2020) in den dauerbegrünten Varianten «Kontrolle» und «Fadengerät solo» keine Auswirkung auf die innere Fruchtqualität.

Um mögliche Auswirkungen auf die Lagerfähigkeit zu untersuchen, wurden die Äpfel der Versuchsstation Schlachters im Kühllager bei 1 °C für vier bzw. fünf Monate eingelagert. Nach Auslagerung erfolgten erneut Analysen der Fruchtqualität sowie die Erfassung parasitärer sowie physiologischer Lagerschäden. Hinsichtlich der qualitativen Veränderungen nach der Lagerung (Festigkeitsabbau, Säureabbau, Veränderung des Zuckergehalts) gab es keine Unterschiede zwischen den Behandlungsvarianten. Bei den Lagerschäden zeigten überraschenderweise Äpfel von Bäumen der Kontrolle ohne Unkrautregulierung den höchsten Anteil gesunder Früchte sowie den geringsten Anteil an altersbedingter Kernhausbräune. Feststellung: Die Art und Weise der Unkrautregulierung hatte in den Versuchen keine Einflüsse auf die innere Fruchtqualität sowie die Lagerfähigkeit der Äpfel.

Zusammenfassung des dreijährigen Projekts

Das Projekt zeigte, dass einzelne Massnahmen der Unkrautregulierung, z. B. in Abhängigkeit ihrer Effizienz und der damit zusammenhängenden Konkurrenzsituation, das Bodenklima sowie die Nährstoffdynamik beeinflussen können. Bezüglich Ertrag und Fruchtqualität unterschieden sich die Strategien zur Unkrautregulierung in den Versuchen jedoch kaum. Deutliche Unterschiede zwischen chemischen, mechanischen oder kombinierten Strategien waren bei diesen wichtigen Messgrössen zum Teil nicht oder nur an einzelnen Standorten festzustellen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich bei den beschriebenen Ergebnissen um zwei- bzw. maximal dreijährige Ergebnisse handelt.

Um den Einfluss der Unkrautregulierung auf Alternanz, Ertrag und Fruchtqualität zu untersuchen, wären zusätzliche, mehrjährige Versuche nötig, da sich Unterschiede womöglich erst nach mehreren Jahren einstellen. Die Versuche zeigen zudem deutlich, dass die Bewertung einzelner Verfahren der Unkrautregulierung von den jeweiligen Standortbedingungen (Witterung, Bodenverhältnisse, Unkrautdruck usw.) sowie vom Alter der Anlage abhängig ist. Vor allem in Junganlagen kann eine zu lasche Unkrautregulierung, nicht zuletzt aufgrund des noch geringen Wurzelvolumens der jungen Bäume, in kurzer Zeit negative Auswirkungen auf das Wachstum der Bäume und damit zukünftige Erträge haben.

Die Versuche in Deutschland und in der Schweiz bestätigten, dass die Unkrautregulierung eine unverzichtbare Kulturmassnahme darstellt. Auch wenn sich die unbehandelten Parzellen an einzelnen Standorten nicht von den getesteten Strategien unterschieden, so waren in anderen Versuchen Ertragseinbussen sowie vor allem ein verstärktes Auftreten von Wühlmäusen bei ausbleibender Baumstreifenpflege festzustellen.

In der nächsten Ausgabe der SZOW wird ein letzter Artikel erscheinen, der sich mit betriebswirtschaftlichen Aspekten der Unkrautregulierung beschäftigt.

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