
Ericius 3000: Mechanische Fruchtausdünnung in den Zwetschgen
Das neuartige Ausdünngerät Ericius 3000 bündelt die wesentlichen Vorteile der gängigen Ausdünnmethoden, die Mechanisierbarkeit der Blütenausdünnung und die vergleichsweise sichere Behangseinstellung der späteren Handausdünnung in einem Verfahren. Um die tatsächliche Ausdünnwirkung, den optimalen Einsatzzeitpunkt und die Effekte auf Fruchtqualität und Alternanzverhalten besser bewerten zu können, wurden auf verschiedenen Betrieben Praxisversuche durchgeführt. Diese sollen den praktischen Nutzen des Geräts breit erfassen und somit seine Einsatzmöglichkeiten verdeutlichen.

Die Behangsregulierung ist im modernen Tafelzwetschgenanbau die entscheidende Massnahme, um Ertrag und Fruchtqualität in Einklang zu bringen. Die aktuellen selbstfruchtbaren Hauptsorten sind gerade in Jahren mit kritischen Befruchtungsbedingungen zuverlässiger im Fruchtansatz, neigen aber bei guten Bedingungen zu einem sehr hohen Fruchtansatz. Ohne Behangsregulierung kann dies zu ungenügenden Fruchtgrössen, ungleichmässiger Ausreifung und bei manchen Sorten auch zu ausgeprägter Alternanz führen. Dichte Fruchtbüschel erschweren zudem einen wirksamen Pflanzenschutz und machen eine rationelle Ernte schwierig.
Neue Möglichkeiten in der Behangsregulierung
Die gängigen Methoden zur Behangsregulierung, die Blütenausdünnung und die Handausdünnung, haben beide markante Vor- und Nachteile. Die Blütenausdünnung kann mechanisiert und rationell durchgeführt werden, die Einstellung des Zielbehangs ist aufgrund des frühen Einsatzzeitpunktes im Entwicklungsverlauf jedoch schwierig. Besonders chemische Verfahren zur Blütenausdünnung sind zudem im hohen Masse von den Witterungsbedingungen abhängig und somit in ihrer Wirksamkeit schwer kalkulierbar. Die Handausdünnung hingegen erlaubt eine präzise Behangseinstellung, ist aber ausgesprochen arbeitsintensiv.
Obwohl ursprünglich für die Blüten- und Fruchtausdünnung von Aprikosen und Pfirsichen entwickelt, bietet der Ericius die Voraussetzungen, das rationelle Ausdünnen und die einigermassen genaue Behangseinstellung auch bei den Zwetschgen in einem Verfahren zu vereinen. Der senkrechte, mit flexiblen Glasfaserstäben bestückte Rotor macht eine relativ laubschonende Fruchtausdünnung möglich (Abb. 1). Dank den ungefähr 1000 Stäben pro Meter Rotorhöhe kam das Ausdünngerät auch zum bildhaften Namen Ericius, lateinisch für Igel. Nach ersten Vorversuchen im Jahr 2023 zur Wirkung in sowohl Blüten- als auch Fruchtausdünnung wurden in der Saison 2024 die Versuche in der Fruchtausdünnung vertieft. Am Steinobstzentrum Breitenhof und auf verschiedenen Betrieben wurden Ausdünnversuche in den Sorten Cacaks Schöne, Cacaks Fruchtbare und Jojo durchgeführt.
Abb. 1: Knapp 3000 Glasfaserstäbe rotieren durch die Laubwand und streifen Jungfrüchte ab. (© Agroscope)
Erste Erfahrungen: die Ausdünnwirkung des «Igels»
Während zur Blütezeit noch keine zufriedenstellende Wirkung erzielt werden konnte, steigt diese mit zunehmender Fruchtgrösse. Eine optimale Ausdünnwirkung wird um den Junifruchtfall und mit einem Fruchtdurchmesser von gegen 20 mm erreicht, von Ende Mai bis Anfang Juni. Pro Durchfahrt kann mit einer Behangsreduktion um 20 % gerechnet werden. Bei grösseren Früchten steigt die Ausdünnwirkung sogar noch an, allerdings werden sie dadurch auch anfälliger für oberflächliche Fruchtverletzungen durch die mechanische Einwirkung. So konnte in der Sorte Cacaks Fruchtbare zu einem relativ späten Zeitpunkt durch den Ericius-Einsatz der Behang von 116 auf 80 Früchte pro Meter Fruchtholz verringert werden, was einer Behangsreduktion von 31% entspricht. Mit einer unmittelbaren zweiten Durchfahrt konnten nochmal 21 Früchte pro Meter Fruchtholz ausgedünnt werden, was einer weiteren Behangsreduktion um 26% entspricht (Abb. 2).
Während in der Kontrolle für den Zielbehang von 30–40 Früchten pro Meter Fruchtholz noch 81 Früchte manuell ausgedünnt werden mussten, waren es bei einmaliger Ericius-Durchfahrt noch 45 (Aufwandreduktion rechnerisch um 44 %) und bei zweimaligem Ericius-Einsatz noch 24 (Aufwandreduktion um 70 %). Ähnliche Werte wurden auch bei anderen Sorten erreicht. Eine weitergehende Reduktion des manuellen Ausdünnungsaufwands oder sogar eine komplett maschinelle Behangseinstellung sind durchaus denkbar. Allerdings müssen dafür auch punktuell zu stark ausgedünnte Astpartien in Kauf genommen werden – im Gegensatz zu einer eingefuchsten Ausdünnequipe «erkennt» die Maschine nicht, wenn der angepeilte Zielbehang von 30–40 Früchten pro Meter Fruchtholz erreicht ist.
Effekte auf die Fruchtqualität und das Alternanzverhalten
Mit dem Ziel, die Fruchtqualität durch ein möglichst frühzeitiges Ausdünnen zu verbessern, wurde die Sorte Cacaks Schöne mit ersten Ericius-Durchfahrten in der ersten Maihälfte ausgedünnt (Abb. 3). Bei Fruchtdurchmessern um 10 mm konnte aber nur eine sehr moderate Ausdünnwirkung erzielt werden. Von einer 20-prozentigen Behangsreduktion pro Durchfahrt, wie sie bei weiter entwickelten Früchten beobachtet wurden, ist man zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt. Dementsprechend ist von einem möglichst frühzeitigen Ericius-Einsatz auch keine wesentliche Qualitätsverbesserung zu erwarten. Unbestritten bleibt der Einfluss des Totalbehangs auf die Fruchtqualität, lediglich der Einsatzzeitpunkt der Ericius-Ausdünnung spielt eine untergeordnete Rolle. Die Behangsentwicklung und der natürliche Fruchtfall kann gut bis zu einem Fruchtdurchmesser von ungefähr 15–20 mm verfolgt werden, bevor über einen Ericius-Einsatz entschieden wird.
Durch die in frühen Entwicklungsstadien beschränkte Ausdünnwirkung sind auch im Hinblick auf das Alternanzverhalten im Vergleich mit der Handausdünnung keine wesentlichen Vorteile zu erwarten. Insbesondere bei der Sorte Cacaks Fruchtbare waren im frühen Stadium ausgesprochen tiefe Behangsreduktionen zu verzeichnen. Ein Umstand, der neben dem Zeitpunkt und der damit verbundenen geringen Fruchtgrösse auch auf die sortentypisch langen Fruchtstiele in diesem Stadium zurückzuführen ist. Statt endgültig abgestreift, werden die langstieligen Früchte von den Ericius-Stäben nur kurz weggebogen. Erst mit zunehmender Fruchtmasse steigt die Ausdünnwirkung.
Achtung «Igel»: für den Einsatz zu beachten
Aufgrund der Eigenschaften der Maschine gibt es verschiedene Aspekte, die es bei ihrem Einsatz zu berücksichtigen gilt. Durch das Gewicht und den relativ hohen Schwerpunkt kann das Einsatzzeitfenster durch die Hangneigung und schlechte Befahrbarkeit eingeschränkt sein. Für eine möglichst gleichmässige Ericius-Ausdünnung sind sowohl Baumform als auch Baumhöhe zentrale Einflussfaktoren. Als eher schwierig haben sich starr gebundene Triebe in Fruchtwandsystemen sowie ausladende Äste im unteren Baumbereich bei klassischen Spindeln herausgestellt. Gerade bei längeren Gerüstästen, die rechtwinklig zur Fahrgasse stehen, kann es vereinzelt auch zu Holzschäden kommen.
Die optimale Baumform stellt die schlanke Spindel dar. Ein leichtes Überragen des Kronenbereichs ist in der Regel kein Problem, die Früchte an diesen Trieben werden gut versorgt und deshalb kann da auch ein etwas höherer Behang toleriert werden. Liegen aber wesentliche Teile des Baumvolumens oberhalb des Wirkungsbereichs (Rotorhöhe 2.7 m), ist eine gleichmässige Ausdünnung unmöglich. Sofern bei trockenen Bedingungen gefahren wird, die Fahrgeschwindigkeit nicht höher als 7 km/h liegt, die Drehgeschwindigkeit der Stäbe in etwa der Fahrgeschwindigkeit entspricht und die Fruchtdurchmesser zum Einsatzzeitpunkt noch nicht wesentlich über 20–25 mm liegen, ist mit keinen relevanten Fruchtschäden zu rechnen (Abb. 4). Unmittelbar nach der Durchfahrt konnten zwar vereinzelt mechanische Stabeinwirkungen auf den Früchten beobachtet werden. Bei der Ernte waren aber keine nennenswerten Fruchtschäden zu verzeichnen. Anders sieht es bei Fruchtdurchmesser um und insbesondere über 30 mm aus, sortenabhängig kann es da zu nachhaltigen Fruchtbeschädigungen kommen.
Abb. 4: Ericius im Einsatz. (© Agroscope)
Fazit
Das Ausdünngerät Ericius 3000 stellt eine interessante Möglichkeit dar, wie die Behangsregulierung in den Zwetschgen mechanisiert und rationalisiert werden kann. Die Vorteile des späten Einsatzzeitpunktes sowie das Abwarten des Fruchtansatzes und des natürlichen Junifruchtfalls können zur genaueren Behangseinstellung genutzt werden. Im Wesentlichen kann es als Mechanisierung der klassischen Handausdünnung verstanden werden. Die ersten Erkenntnisse aus den bisherigen Versuchen zeigen, dass der Ericius-Einsatz durchaus über das Potenzial verfügt, den Aufwand in der Fruchtausdünnung merklich zu reduzieren – angesichts steigender Lohnkosten und geringer Personalverfügbarkeit sind das interessante Perspektiven, die auch in der laufenden Zwetschgensaison in Praxisversuchen genauer untersucht werden.
Dank
Ein besonderer Dank gilt Manuel Wüthrich für den Maschineneinsatz, sowie den beteiligten Betrieben für die Versuchsdurchführung: Schaffner (Anwil), Wirz (Wenslingen), Wüthrich (Zunzgen) und dem Steinobstzentrum Breitenhof (Wintersingen). Weiterer Dank geht ans FiBL und ans Ebenrain-Zentrum für die Mitwirkung bei der Versuchsdurchführung und ans «Förderprogramm Spezialkulturen Baselland» für die finanzielle Unterstützung bei der Maschinenanschaffung.