Falscher Mehltau: Massive Ertragseinbussen

Vom Genfersee bis zum Bodensee, vom Wallis bis ins Klettgau wütet der Falsche Mehltau und führt zu massiven Schäden. Mancherorts droht der Totalausfall. Dazu kommen die Auswirkungen der Hagelschläge, die zwar nur lokal, aber dennoch gehäuft auftraten. Aufgrund des aktuellen Wetters kann dennoch auf eine Ernte gehofft werden.


Markus Matzner | Roland Müller

Landauf, landab die selben hilflosen Kommentare. Stellvertretend für viele bringt es der 72-jährige Charles Steiner von Schernelz in der Blickausgabe vom 7.8.21 auf den Punkt: «So etwas habe ich in 50 Jahren noch nicht erlebt.»  Zur Illustration zeigt er eine Traube, die vom Falschen Mehltau überzogen ist.

Und in der NZZ (6.8.21) doppelt Beat Kamm, Präsident des Branchenverbands Zürcher Wein, nach: «Etwa 15 bis 20 Prozent der Verluste gehen auf das Konto des Hagels, etwa 30 Prozent Ausfall gibt es wegen des Falschen Mehltaus.» Ähnlich tönt es auch im Kanton Schaffhausen. Pflanzenschutzberater Hansueli Graf erklärte den beunruhigten Winzer stets dasselbe: «Es ist nicht der richtige Moment auf Risiko zu gehen,  denn die Pflanzenschutzsaison dauert noch eine Weile an.» Doch auch er spricht nur noch vom «worst case»: Es bahne sich eine Katastrophe an, meinte er: «Der sichtbare Befall mit Falschem Mehltau hat auf den Blättern und Trauben extrem zugenommen.» Was das heisst, ist klar: Fast überall wird es zu empfindlichen Ernteeinbussen kommen. Pflanzenschutz war während Wochen fast nicht möglich, entsprechend konnte sich der Mehltau breitmachen. Der Luzerner Rebbaukommissär Beat Felder warnt zudem: «Es besteht die Gefahr von Resistenzen, die Umwelt wird belastet und durch den starken Regen in den steilen Hängen ist das Pflanzenspritzen mit einer Maschine kaum möglich oder gefährlich.»

 


 

Massnahmen gegen Mehltau

Es ist auffallend, dass man bereits in einzelnen Parzellen oder auf kleinen Distanzen beachtliche Unterschiede im Befall durch den Falschen Mehltau sieht. Nebst Pflanzenschutzmassnahmen werden deshalb auch präventive Massnahmen zur Bekämpfung der Peronospora empfohlen. Dazu gehört ein Niedrighalten des Bodenwuchses, gut durchlüftete Traubenzonen, was mit einem gezielten Auslauben bewerkstelligt werden kann. Zudem sind Lagen mit einem frühen Sonneneintritt oder mit grösserem Winddurchzug im Vorteil. Doch die Schadbilder lassen aufhorchen, widersprechen teilweise diesen Theorien. Dies zeigt beispielsweise ein Parzelle in Trüllikon, wo gerade die unter den Blättern geschützten Trauben kaum einen Befall zeigen. Hingegen sind gut ausgelaubte und durchlüftete Traubenzonen in unmittelbarer Nachbarschaft deutlich stärker befallen. Dabei wurden in der ganzen Parzelle dieselben Pflanzenschutzmassnahmen ausgeführt. «Sauber ausgelaubte Trauben, welche direkt vom Regen getroffen und somit ständig nass geworden sind, haben mehr gelitten», stellt der Truttiker Rebmann und Weinmacher Niklaus Zahner bei einer ersten Gesamtbeurteilung fest. Insbesondere zeigt sich auch, dass es Durchbrüche bei eigentlich mehltauresistenten Piwi-Sorten gibt. Zugleich musste der Pflanzenschutz auch bei diesen intensiviert werden, um den Falschen Mehltau auf dem Laub wie auf den Trauben in Schach zu halten, was aber auch nicht überall gelang. 

Auch im Wallis sieht die Lage düster aus. Manfred Cina aus Salgesch äusset sich in einem Artikel im Walliser Boten klar: «Wir spritzen seit Wochen nach jedem Regen, doch oft stellen wir fest, dass Trauben, die am Vortag noch gut aussahen, über Nacht Symptome des Falschen Mehltaus aufweisen.» Und er gibt zu bedenken: «Man muss auch Parzellen, die einen Totalausfall verzeichnen, konsequent weiter behandeln. Wenn die Blätter abfallen, kann die Rebe keine Nährstoffe in die Wurzeln einlagern.»


 

Situation bei den Biowinzern 

Wer in diesem Jahr auf Bio setzt, ist besonders stark gefordert. Denn bekanntlich haften Bio-Mittel weniger gut auf den Pflanzen als konventionelle. Mit jedem Regen werden sie gleich wieder heruntergewaschen. Charles Steiner, dessen Betrieb auf Bio setzt, erklärt denn auch: «In einem trockenen Sommer braucht es sechs bis sieben Durchgänge, dieses Jahr mussten wir schon 12 bis 15 Mal dahinter.» Und die Lage hat sich dennoch nicht entspannt, denn um ein trockenes Fenster zu erwischen und die Behandlung anwenden zu können, brauchte es oft (Wetter-)Glück. Entsprechend mussten einige Betriebe, die sich in einer Umstellungsphase von konventionell auf Bio befinden, contre coeur wieder auf systemische Mittel setzen. 

 


 

Wetterbesserung 

So, wie die Dinge liegen, ist die wechselhafte Wetterlage fürs Erste Geschichte. Mindestens bis Ende August kann man auf wenig Regen und warmes Wetter hoffen. Gemäss der Winzerinfo, dem Newsletter der kantonalen Fachstellen, darf bis am 20. August 2021 Pflanzenschutz ausgebracht werden. Das Laub kann bis Ende August mit Kupfer geschützt werden. Somit besteht die Hoffnung, dass es zwar eine kleine, aber dafür doch noch qualitativ gute Ernte geben könnte. «Das Jahr ist nicht verloren. Mit einem schönen Herbst könnte der Jahrgang noch toll werden», macht Beat Felder Hoffnung.

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