Liebe Leserin, lieber Leser
Wahrscheinlich können Sie sich nicht mehr daran erinnern, aber obigen Titel habe ich vor zwei Jahren schon mal gewählt. Nun stelle ich ihn nochmals als Motto oben hin. Faulheit? Nein, denn erstens passt er für dieses Heft wirklich prima, zudem wird uns im Zuge unseres Engagements im Müller-Thurgau-Jubiläumsjahr immer wieder drastisch vor Augen geführt, wie wichtig die Verbindung zum Vergangenen ist. Nur sie ermöglicht es, auf heutige und morgige Herausforderungen besser zu reagieren und nicht dieselben Fehler ein zweites Mal zu machen.
Beispielhaft für diese Erkenntnis ist der Umgang mit dem Feuerbrand. Wie David Szalatnay in seinem Artikel eindrücklich zeigt, schien diese bakterielle Erkrankung nach Jahren grosser Ausbreitung besiegt. Doch nun flackert sie wieder auf. Ein Blick in die SZOW aus dem Jahr 1972 belegt, wie man schon damals die Herausforderung anging: mit Aufklärung. Doch trotz klarer Handlungsanweisungen wurde das Problem nicht gelöst. Im Gegenteil, es verschärfte sich akut. Gleichwohl lassen sich daraus Lehren ziehen: Was hat funktioniert und was hat aus welchen Gründen nicht hingehauen?
Auch in der Weinwelt stehen Winzerinnen und Winzer vor einem ähnlichen Phänomen: Esca ist seit der Antike bekannt und es gäbe Mittel und Wege, das Problem in den Griff zu bekommen. Dennoch nimmt es derzeit stark zu. Stellt sich die Frage, wo die Schwachstelle zu suchen ist? Liegt es am Klimawandel, an den immer schlauer werdenden Pilzen? Erlauben Sie mir hierzu eine persönliche Vermutung: Mir scheint, das Hauptproblem ist in der Regel zwischen 1.50 und 2 Meter gross, verfügt über einen Torso, verschiedene Extremitäten und einen Kopf. In diesem steckt ein Organ, das überaus leistungsfähig wäre, doch leider wird es bisweilen zuwenig genutzt. Das führte schon zu unsäglich vielen historischen Verstrickungen und es ist zu befürchten, dass sich dies auch künftig nicht so schnell ändern lässt.
Ihr
Markus Matzner
Chefredaktor Obst+Wein