© Gregory Devillers

«Ich könnte keinen Beruf ausüben, in dem es keine Poesie gibt»

Marie-Thérèse Chappaz wird als eine der wichtigsten Schweizer Winzerinnen gehandelt. Ihre Weine sind weit über die Grenzen bekannt, anerkannt und ausgezeichnet. Ihr Süsswein «Grain par Grain» aus der Petite-Arvine-Traube erhielt sogar 100 Parker-Punkte. Vollendung in Perfektion ist ihr Ziel. Und doch konzentriert sich die charmante und etwas chaotische Unterwalliserin immer wieder auf das für sie Wesentliche: die Ganzheitlichkeit der Natur.

Artikel von:
Nicole Basieux
O+W Westschweiz-Korrespondentin
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 03 / 2024 , S. 22
Es ist Mitte Dezember. Ein grauer, nebelverhangener und überaus regnerischer Morgen. Ich kurve die steile Strasse hoch zur Domaine von Marie-Thérèse Chappaz inmitten der Rebberge oberhalb von Fully. Von der Weinlady noch keine Spur. Ihre Assistentin erreicht sie per Telefon, sie sei unten im Tal, könne im Moment nicht Auto fahren, da sie sich das Handgelenk gebrochen habe. Nun warte sie auf ihren Chauffeur. Blöd gelaufen, sie sei auf eisigem Boden ausgerutscht. Sie komme so rasch wie möglich hoch, wenn ich denn so lange warten möge. Drinnen in der grossen und lichtdurchfluteten Scheune, in der sie auch immer wieder öffentliche Wein- und Käsedegustationen durchführt, läuft der Holzofen auf Hochtouren. Es ist warm und gemütlich und ich kriege einen Kaffee. So lässt es sich warten – auch etwas länger. Als sie ankommt, entschuldigt sie sich und erklärt, dass es wohl ein Missverständnis zwischen ihr und ihrem Angestellten, der den Termin mit mir ...