Japankäfer – Einheimische Pilze gegen invasiven Schädling

Der invasive Japankäfer hat die Schweiz erreicht. In der Befallszone in Norditalien richtet er schon seit einigen Jahren beträchtliche Schäden in Weinbergen, Obst- und Beerenkulturen sowie auf Sojafeldern an. Die Forschungsgruppe Ökologischer Pflanzenschutz im Ackerbau von Agroscope nutzt ihre Erfahrung mit einheimischen Verwandten des Japankäfers und arbeitet an einer nachhaltigen Bekämpfungsstrategie. Dabei werden entomopathogene Pilze gegen den gefrässigen Käfer und seine Larven eingesetzt.


Tanja Sostizzo | Giselher Grabenweger
Agroscope

2014 wurde der invasive Schädling in Italien entdeckt, seither hat sich der Japankäfer (Popillia japonica) explosionsartig vermehrt und breitet sich sehr schnell Richtung Schweiz aus. Die ersten Käfer gingen an der Grenze bei Stabio (TI) im Sommer 2017 in die Lockstofffalle. Bis 2019 haben sich die Fangzahlen mehr als verzehnfacht und der Pflanzenschutzdienst vom Tessin hat nun auch Käfer ausserhalb der Fallen gefunden. Da es sich beim Japankäfer um einen Quarantäneschädling handelt, ist um den Fundort in Stabio nun eine Befallszone eingerichtet worden. Damit soll verhindert werden, dass der Japankäfer von dort aus verschleppt wird. Ein einschlägiger Befallsverdacht sollte in jedem Fall umgehend dem entsprechenden kantonalen Pflanzenschutzdienst gemeldet werden. 

Japankäfer sind relativ einfach von einheimischen verwandten Arten zu unterscheiden. Die ca. 10 mm grossen Käfer haben einen goldgrün schimmernden Kopf und ein gleichfarbiges Halsschild sowie kupferbraue Deckflügel. Auf jeder Seite befinden sich fünf und auf dem hintersten Körpersegment zwei gut sichtbare, weisse Haarbüschel (Titelbild). Die Larven sind typische Engerlinge und können nur mithilfe eines Binokulars eindeutig von anderen Engerlingen unterschieden werden. Weitere Informationen zum Japankäfer unter www.popillia.agroscope.ch.

Schäden

In seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Japan ist der Japankäfer kein Schädling. Seit mehr als 100 Jahren breitet er sich auf dem nordamerikanischen Kontinent aus und richtet dort grosse Schäden an. Auch im Befallsgebiet in Italien sind die Schäden beträchtlich. 

Die Käfer sind sehr gefrässig und können sich von über 300 verschiedenen Pflanzenarten ernähren. Besonders schmecken ihnen die Blätter von Weinreben (Abb. 1), Obstbäumen und Soja.
 

Abb. 1: Kahl gefressener Bioweinberg im Piemont Anfang August.

 

Sehr gerne bedienen sie sich auch an reifen Früchten wie Pflaumen und Beeren (Abb. 2). Bei Mais fressen sie den Maisbart; ausserdem mögen sie die Blüten der Rosen. Je nach Nahrungsangebot weichen sie auf Waldbäume wie Eichen und Linden aus oder fressen Haselsträucher kahl. Die grössten Schäden entstehen während der Hauptflugzeit von Juni bis August. 

 

Abb. 2: Reineclaude von einem Baum mit Totalschaden. Blätter sowie Früchte sind bereits Anfang Juli komplett abgefressen.

 

Die Larven, typische Engerlinge, sind vor allem in Wiesen und Rasenflächen zu finden. Dort fressen sie die Wurzeln der Gräser und Kräuter. Neben den direkten Schäden durch den Frass der Larven entstehen auch indirekte Schäden durch Wildtiere, denen die Engerlinge als Nahrung dienen. Besonders Wildschweine graben Wiesen bei der Suche nach Engerlingen um und verursachen so grossflächige Schäden an der Grasnarbe. 

Bestehende Bekämpfungsmöglichkeiten

In Nordamerika und Italien werden vor allem synthetische Insektizide zur Bekämpfung eingesetzt. Im Befallsgebiet im Piemont müssen Weinberge mit starkem Befall zwei- bis dreimal zusätzlich behandelt werden. Den Biobauern stehen praktisch keine effektiven Bekämpfungsmöglichkeiten zur Verfügung. In den USA sind einige Produkte auf dem Markt, die Bakterien als aktive Inhaltsstoffe enthalten. Diese Produkte haben sich nicht grossflächig durchgesetzt und sind in der Schweiz und EU noch nicht getestet und zugelassen.

Italienische Forscher haben das Potenzial von Nematoden (Fadenwürmer) getestet. Diese töten die Engerlinge sehr effektiv ab, eine grossflächige Anwendung auf Wiesen oder Ackerflächen ist jedoch kostspielig.

Nachhaltige Bekämpfung von Maikäfer und Co.

Seit Jahrzenten werden in der Schweiz Pilze eingesetzt, um einheimische verwandte Arten des Japankäfers wie Mai-, Juni- oder Gartenlaubkäfer in Schach zu halten. Die entomopathogenen Pilze sind natürliche Gegenspieler der Käfer und Engerlinge und kommen in geringen Konzentrationen in den meisten Böden vor. Die Forschungsgruppe Ökologischer Pflanzenschutz im Ackerbau bei Agroscope hat einen bedeutenden Teil zur Entwicklung dieser Methode beigetragen.

Für die aktive Bekämpfung wird der entsprechende Pilzstamm auf Gerstenkörnern kultiviert. Die «Pilzgerste» wird dann mit einer Direktsaatmaschine in betroffene Wiesen eingearbeitet. Treffen die Engerlinge auf die sporenbedeckten Körner, stecken sie sich an und sterben. Der Pilz kann auf den toten Engerlingen erneut Sporen bilden und weitere Engerlinge infizieren (weitere Informatione auf www.engerlinge.agroscope.ch). Mit dieser umweltverträglichen und nachhaltigen Methode können Schäden grösstenteils verhindert werden.

Da der Japankäfer sehr eng mit dem Gartenlaubkäfer verwandt ist und einen sehr ähnlichen Entwicklungszyklus hat, liegt der Schluss nahe, dass «Pilzgerste» auch erfolgreich gegen den invasiven Schädling eingesetzt werden kann.

Einheimische Pilze gegen den Japankäfer 

Agroscope hat zusammen mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) ein Projekt lanciert, um die Methoden, die bei den einheimischen Käfern funktionieren, auf den Japankäfer anzupassen. Um herauszufinden, ob der Japankäfer ebenfalls anfällig für die einheimischen Pilze ist, wurden bei Agroscope im Quarantänelabor Virulenztests durchgeführt. Dabei werden die Käfer oder Larven in Pilzsporensuspensionen eingetaucht und anschliessend einzeln in Dosen mit feuchtem Torf gehalten. In regelmässigen Zeitabständen wird überprüft, ob die Käfer oder Larven absterben und ob der Pilz auf ihren Kadavern Sporen bilden kann (Abb. 3). 

 

Abb. 3: Verpilzter adulter Japankäfer (links) und Engerling (rechts).

 

Beim ersten Screening von 12 Pilzstämmen 2017 wurde festgestellt, dass die adulten Japankäfer sehr anfällig auf verschiedene einheimische Pilze der Gattung Metarhizium sind. 2018 wurden vier von den 12 Pilzstämmen ausgewählt und weiter getestet. Dabei wurden die Virulenzests mit unterschiedlichen Sporenkonzentrationen durchgeführt (104, 105, 106, 107 Sporen / ml). Zudem wurden nicht nur adulte Japankäfer, sondern auch Larven getestet. 

Die Ergebnisse von 2018 zeigen, dass die Käfer bei tieferen Konzentrationen zwar später absterben, aber trotzdem eine Mortalität von 100  % erreicht wird (Abb. 4). Die Dauer zwischen Infektion und Tod ist somit direkt von der Anzahl Sporen abhängig, mit der die Käfer infiziert werden. 

 

Abb. 4: Virulenztest 2018 mit adulten Japankäfern: Mortalität der Käfer, die mit dem Pilzstamm ART 37 infiziert wurden. Bei den unterschiedlichen Behandlungen wurden jeweils 30 Käfer verwendet.

 

Alle der vier getesteten Stämme zeigten sehr ähnliche Mortalitätsraten. Unterschiede zwischen den Stämmen zeigten sich bei der Anzahl Kadaver, auf denen der Pilz wachsen und sporulieren konnte (Abb. 5). Dies ist sehr wichtig, da bei einer Anwendung im Feld der Effekt verstärkt werden kann, wenn sich der Pilz auf den Insekten vermehrt. 

 

Abb. 5 Virulenztest 2018 mit adulten Japankäfern: Anzahl toter Käfer auf deren Oberfläche die Pilze wachsen und sporulieren konnten. Gezeigt sind die vier verschiedenen Pilzstämme mit jeweilig der höchsten Sporenkonzentration bei der Behandlung.

 

Bei den Tests mit den Larven zeigte sich, dass diese resistenter gegen die Pilze sind als die Käfer. Nach sechs Wochen lag die Mortalität zwischen 50 und 100  %, je nach Pilzstamm und Konzentration. Zudem konnten die Pilze auf 15 bis 85  % der toten Larven Sporen bilden. 

Die Virulenztests zeigen, dass einige einheimische Pilzstämme das Potenzial haben, um als biologische Kontrolle gegen den invasiven Japankäfer eingesetzt zu werden. Es müssen jedoch noch Feldversuche durchgeführt werden, um die Wirksamkeit der Pilze unter realen Bedingungen zu testen. Zudem müssen verschiedene Applikationsmethoden getestet werden.

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