Pneumatische Entlaubung beim Apfel: Fazit aus drei Versuchsjahren
Bei zweifarbigen Apfelsorten ist der Deckfarbenanteil ein wichtiges Qualitätskriterium. Mit der pneumatischen Entlaubung kann unter den richtigen Bedingungen eine eindrucksvolle Steigerung des Deckfarbenanteils erzielt werden. Versuche von Agroscope haben gezeigt, dass bei den untersuchten Sorten der richtige Einsatzzeitpunkt entscheidend ist für eine erhöhte Wirtschaftlichkeit.
Die pneumatische Entlaubung zur Förderung der Ausfärbung bei Tafeläpfeln ist eine Methode, die in der Praxis zunehmend Anwendung findet. Gerade in Jahren mit spät einsetzendem Kältereiz (Temperatur unter 10 °C) und geringen Tag-Nacht-Temperaturunterschieden (weniger als 12 °C) ist eine zufriedenstellende Ausfärbung trotz optimaler Kulturführung eine Herausforderung. Mit einer pneumatischen Entlaubungsmaschine werden die äusseren Blätter mit pulsierender Druckluft zerfetzt oder abgerissen (Abb. 1), wodurch die Belichtung der Früchte vor allem im unteren Bereich des Baums verbessert wird.
Abb. 1: Durch die Entlaubungsmaschine zerfetztes Laub bei der Sorte Scifresh. (© Agroscope)
Die verbesserte Belichtung erhöht die Bildung von Anthocyan in der Fruchtschale, dem Farbstoff, der für die Rotfärbung verantwortlich ist (Baab und Hilsendegen 2021).
Um die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Anwendung zu überprüfen, wurde vor drei Jahren in Zusammenarbeit mit Produzierenden, Beratung, Entlaubungsgeräteherstellenden und dem Handel eine Versuchsreihe gestartet. Insgesamt wurden in drei Jahren sieben Versuche mit fünf verschiedenen Sorten auf Praxisbetrieben durchgeführt. Über zwei Versuche aus dem ersten Versuchsjahr wurde bereits in der O+W 06/2022 berichtet. In diesem Artikel werden die Ergebnisse aller Versuchsjahre zusammengefasst.
Anbauversuche
Für die Versuche wurden jeweils ganze Sortenquartiere entlaubt, wobei mehrere Blöcke zur Kontrolle unbehandelt blieben. In einigen Versuchen wurden zusätzlich verschiedene Entlaubungszeitpunkte getestet. Die Anlagen befanden sich zwischen dem 5. und 10. Standjahr und waren alle mit Hagelnetzen abgedeckt. Die Ernte erfolgte praxisüblich in zwei bis drei Durchgängen. Für die Entlaubung wurde, bis auf einen Versuch mit der Maschine der Firma Olmi (Rosy Glow, 2021), immer die Maschine RedPulse Trio des Herstellers FruitTec verwendet. Die Maschinen wurden jeweils vor der Versuchsdurchführung so eingestellt, dass ein zufriedenstellendes Entlaubungsergebnis erzielt wurde (Abb. 2).
Abb. 2: Entlaubte Fruchtwand oben und Kontrolle unten bei der Sorte Scifresh. (© Agroscope)
Der Druck, mit dem die Versuche gefahren wurden, lag zwischen 0.7 und 0.8 bar bei ca. 1650 U/min. Die Fahrgeschwindigkeit lag zwischen 1.8 und 2.2 km/h (mit Ausnahme der Olmi-Maschine, 1.2 km/h). Die Entlaubungsleistung kann je nach Sorte, Baumform und Feuchtigkeit variieren. Daher müssen die Einstellungen in jedem Fall sorgfältig den Bedingungen angepasst werden.
Sorteneignung
Eine Frage bei der Entlaubung ist, bei welchen Sorten sich der Einsatz lohnt. Der grösste Effekt auf die Wirtschaftlichkeit ist bei Sorten zu erwarten, bei denen es schwierig ist, den geforderten Deckfarbenanteil zu erreichen und bei denen noch keine gut färbenden Mutanten zur Verfügung stehen. Dies trifft in erster Linie auf die Premiumsorten zu, bei denen zudem der Preisunterschied zwischen den Qualitätsklassen grösser ist als bei den Standardsorten. Für die Versuche wurden die Sorten Minneiska (SweeTango®), Nicoter (Kanzi®), Scifresh (Jazz®), SQ 159 (Natyra®/Magic Star®) und Rosy Glow (Pink Lady®) ausgewählt.
In unseren Versuchen konnte die Deckfarbe bei allen Sorten und in fast allen Versuchsjahren mit der Entlaubung erhöht werden. Der Effekt variiert jedoch deutlich zwischen den Sorten und Versuchsjahren. Die grösste Zunahme der durchschnittlichen Deckfarbe wurde in unseren Versuchen bei der Sorte Minneiska mit plus 15 % festgestellt, gefolgt von Scifresh und SQ 159 mit plus 10 %. Bei der Sorte Rosy Glow lag die Steigerung des mittleren Deckfarbenanteils zwischen 5 und 6 %, wobei bei dieser Sorte 2021 in einer Anlage im 10. Standjahr kein Unterschied zur Kontrolle festgestellt werden konnte. Da in dieser Anlage stellenweise Rückmutationen mit schlecht gefärbten Baumpartien beobachtet wurden, ist dieses Ergebnis mit Vorsicht zu interpretieren. Bei der Sorte Nicoter konnte in unserem Versuch nur eine vergleichsweise geringe Erhöhung des Deckfarbenanteils von 3 % festgestellt werden. Es ist jedoch anzumerken, dass mit einem durchschnittlichen Deckfarbenanteil von 51 % in der Kontrolle bereits eine für diese Sorte sehr gute Ausfärbung erreicht wurde (Abb. 3).
Wirtschaftlich von besonderem Interesse ist für die Produktion der Anteil der Früchte, die den Anforderungen der 1. Qualität entsprechen (Abb. 3). Mit der Entblätterung konnte der Anteil der Früchte, die die Deckfarbenanforderung der 1. Qualität erfüllen, bei Minneiska um beachtliche 24 % und bei SQ 159 um 17 % gesteigert werden. Bei den anderen Sorten konnte dieser Anteil im Mittel um 9 % gesteigert werden.
Passender Zeitpunkt für die Entlaubung
Die Frage nach dem richtigen Entlaubungszeitpunkt wird immer wieder diskutiert. Zum einen erhofft man sich bei einem frühen Entlaubungszeitpunkt einen möglichst starken Farbeffekt, zum anderen möchte man die zusätzliche Blattmasse für den Fruchtzuwachs und den Zuckergehalt möglichst lang erhalten. Bei idealen Bedingungen mit hohen Tagestemperaturen zwischen 20 und 25 °C und kalten Nachttemperaturen unter 12 °C (Friedrich et al. 1986) hat sich in unserem Versuch mit der frühen Sorte Minneiska eine Entlaubung sechs Tage vor der Ernte als sehr effektiv erwiesen (Abb. 4).
Abb. 4: Früchte der Sorte Minneiska aus dem 2. Pflückdurchgang, oben entlaubt, unten Kontrolle. (© Agroscope)
Ein Versuch mit der gleichen Sorte an der Esteburg in Deutschland hat gezeigt, dass bereits drei Tage unter idealen Bedingungen ausreichen können, um den vollen Entlaubungseffekt zu erzielen (Brüggenwirth 2021).
Je später die Ernte, desto geringer die Einstrahlung und die Tagestemperaturen und desto langsamer die Rotfärbung. Dementsprechend hatte eine Entlaubung zweieinhalb Wochen vor der Ernte in unserem Versuch mit der späten Sorte Rosy Glow im Jahr 2021 in zwei Anlagen kaum einen positiven Effekt. Im darauffolgenden Jahr wurden zwei Entlaubungstermine jeweils sechs und drei Wochen vor der Ernte in zwei unterschiedlichen Blöcken geprüft. Es zeigte sich ein positiver, allerdings identischer Effekt. In diesem Jahr begann die Ernte zwei Wochen früher als im Vorjahr. Auf die erste Entlaubung folgte eine kühle und feuchte Periode mit Tageshöchsttemperaturen unter 18 °C. Erst nach der zweiten Entlaubung kam es zu einer Wetterbesserung mit wärmeren, ausfärbungsfördernden Tagestemperaturen zwischen 18 und 22 °C, was ein möglicher Grund für das sehr ähnliche Ergebnis sein könnte.
Bei der Sorte Scifresh (2023) war der Effekt der Entlaubung zehn Tage vor dem ersten Pflückdurchgang etwa doppelt so gross wie bei der Entlaubung nach dem ersten Pflückdurchgang. Eine doppelte Entlaubung zu beiden Zeitpunkten brachte in diesem Versuch keine Vorteile.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Je früher eine Sorte reif ist, desto näher kann die Entlaubung vor dem Pflücktermin erfolgen. Bei späteren Sorten steigt die Wahrscheinlichkeit längerer kühler und bewölkter Perioden, womit mehr Zeit benötigt wird für eine gute Farbentwicklung in den entlaubten Bereichen. Die Witterungsbedingungen zwischen dem Erntetermin und der Entblätterung scheinen entscheidender zu sein als der tatsächliche Entlaubungstermin und sollten daher bei der Festlegung des Entlaubungstermins soweit möglich berücksichtigt werden.
Auswirkungen auf die Fruchtqualität
Bei der doch etwas brachialen Methode der Entlaubung, bei der Blätter herumgewirbelt werden und Früchte zu Boden fallen, stellt sich die Frage, ob der Schaden nicht grösser ist als der Nutzen. Deshalb wurden in allen Versuchen mögliche Schäden untersucht.
Hinsichtlich des verursachten Fruchtfalls gibt es deutliche Sortenunterschiede und auch die Baumform spielt eine wesentliche Rolle. Ausladende Äste erhöhen das Risiko, dass die Maschine die Äste touchiert und Früchte abreisst. In unseren Versuchen zählten wir zwischen 0.5 und 3 abgefallene Früchte pro Baum, was 0.5 bis 2 % der Erntemenge entsprach. Schäden an hängenden Früchten wurden in keinem Versuch festgestellt, auch nicht bei der sehr druckempfindlichen Sorte Minneiska. Sonnenbrand an den entlaubten Stellen wurde ebenfalls in keinem Versuch festgestellt.
Durch die Entlaubung bleibt den Bäumen weniger Laub für die Assimilation und damit weniger Energie. Ein direkter Effekt auf die Fruchtgrösse konnte aber nur in einem Versuch mit Scifresh (2022) festgestellt werden. In diesem Versuch war der Anteil der Früchte, die aufgrund ihrer Fruchtgrösse in die 2. Klasse eingestuft wurden, im entlaubten Verfahren um 5 % höher als in der Kontrolle. Diese Bäume wiesen jedoch einen Überhang auf, was vermutlich die Auswirkung der reduzierten Assimilation auf das Fruchtwachstum verstärkt hat. Ein Einfluss auf die Fruchtqualitätsparameter Festigkeit, Zucker und Säure wurde in keinem Versuch festgestellt. Der einzige sichtbare Unterschied war ein schnellerer Stärkeabbau in den Versuchen mit Minneiska (2021) und SQ 159 (2023). Die entlaubten Verfahren zeigten einen bis zu zwei Skalenpunkte höheren Stärkewert (Jodtest 1–10) und lagen damit über dem Sollwert für die Lagerung. Dieser Faktor sollte unbedingt überprüft und bei der Ernteplanung berücksichtigt werden.
Ein möglicher Langzeiteffekt auf den Ertrag oder die Fruchtknospenbildung wurde in unseren Versuchen nicht untersucht. Nach derzeitigem Kenntnisstand und teilweise langjährigen Erfahrungen im Ausland sind jedoch keine negativen Langzeiteffekte zu erwarten.
Einfluss von Anlage und Baumform
Eine möglichst schmale und geradlinig verlaufende Fruchtwand erleichtert die Entlaubung (Abb. 5).
Abb. 5: Bei schmaler, geradlinig verlaufender Fruchtwand kann der Entlaubungskopf nahe an die Fruchtwand geführt werden. (© Agroscope)
Aus diesem Grund bietet sich die Entlaubung in Kombination mit einem Sommerschnitt von Hand oder maschinell an. Unsere Versuche haben jedoch gezeigt, dass auch bei breiteren und etwas unregelmässigeren Baumformen gute Ergebnisse erzielt werden können. Dies erfordert jedoch ein hohes Mass an Geschicklichkeit der Fahrenden. Der Entlaubungskopf muss während der Fahrt ständig an die Fruchtwand angepasst werden, um eine möglichst gute Entlaubungswirkung zu erzielen.
Lohnt es sich?
Für die durchgeführten Versuche wurde jeweils ein Mehrgewinn gegenüber der Kontrolle auf Basis der von den Produzierenden angegebenen Auszahlungspreise berechnet. Die Kostenberechnung erfolgte auf der Basis der Maschinenkostenberechnung von Tractoscope23 für eine RedPulseTrio-Maschine gemäss Herstellerangaben (FruitTec). Bei einer jährlichen Auslastung von 20 ha ergeben sich Kosten von 250 Fr./ha. Rechnet man die Kosten für einen 70-kW-Schmalspurtraktor gemäss Maschinenkostenkatalog mit 60 Fr./h und die Lohnkosten für die Fahrerin, den Fahrer mit 50 Fr./h, so ergeben sich bei einer Arbeitszeit von 4 h/ha insgesamt 690 Fr./ha für die Entlaubung. Dieser Wert ist vergleichbar mit den Preisen, zu denen die Entlaubung derzeit auch im Lohn angeboten wird.
Mit Ausnahme der Versuche mit Rosy Glow (2021), bei denen keine Farbeffekte sichtbar waren, wurde bei allen Entlaubungsverfahren ein Mehrgewinn erzielt. Dieser war mit rund 11 000 Fr./ha beim Versuch Minneiska und 6600 Fr./ha beim Versuch SQ 159 am höchsten. Bei den übrigen Versuchen lag der Mehrgewinn je nach Sorte und Jahr zwischen rund 1000 und 5000 Fr./ha. Aufgrund der hohen Preisunterschiede zwischen 1. und 2. Qualität kann bereits ein geringfügig höherer Anteil an Früchten 1. Qualität zu einem Mehrgewinn führen, der deutlich über den Entlaubungskosten und den schadenbedingten Ertragseinbussen liegt. Die Entlaubung kann folglich auch bei Standardsorten interessant sein. Die Anzahl der Pflückdurchgänge konnte in unseren Versuchen nicht reduziert werden. Der erste Pflückanteil war bei den entlaubten Verfahren jeweils etwas höher. Ein positiver Faktor, der hier nicht berücksichtigt wurde, ist zudem die höhere Ernteleistung.
Fazit
Der Einsatz der Entlaubung ist überall dort erfolgversprechend, wo die Ausfärbung nicht zufriedenstellend ist. Bei bereits sehr guter Ausfärbung und/oder später Reife kann es sein, dass keine oder nur eine minimale Wirkung erzielt wird. Die Entlaubung sollte so früh erfolgen, dass bis zur Ernte noch einige Tage mit ausreichend warmem und sonnigem Wetter zur Verfügung stehen. Eine Entlaubung kurz vor der Ernte, insbesondere bei späten Sorten, kann nur eine begrenzte Wirkung haben. Ein beschleunigter Stärkeabbau ist unter Umständen möglich und sollte unbedingt überwacht und berücksichtigt werden. Schäden durch die Entlaubung sind weitgehend ausgeblieben und die Wirtschaftlichkeit konnte in den meisten Fällen deutlich verbessert werden.
Dank
Wir bedanken uns herzlich für die gute und branchenübergreifende Zusammenarbeit. Ein besonderer Dank gilt den beteiligten Betriebsleitern: Martin Winkelmann, Reynald Pasche, Luc Bidauy, Stefan Anderes und Beat Lehner sowie dem Gerätehersteller FruitTec für die Unterstützung. Ebenso danken wir den Handelspartnern Tobi Seeobst, Inoverde und Geiser für die wertvolle Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung.
Literatur
- Baab G. und Hilsendegen P., 2021: Das Farbenspiel beim Apfel, Hintergründe der Fruchtausfärbung und Massnahmen zur Unterstützung. AGROselection, 1. Aufl., 105 S.
- Brüggenwirth M., 2021: Untersuchungen zur maschinellen Entblätterung am Apfel an der Esteburg. Mitt. OVR 76, 02.
- Friedrich G., Neumann D. und Vogl M., 1986: Physiologie der Obstgehölze. Springer Verlag.