Vor ziemlich genau vierzig Jahren hat die damalige Volg-Weinkellerei in Stadel bei Winterthur den fast 3 ha grossen Rebberg Hard neu bepflanzt. Damals erhielt der Blauburgunder den Löwenanteil, und mit 80 Aren wurde die pilzwiderstandsfähige Dakapo-Rebe auf einer Querterrassenlage gepflanzt. Im vergangenen Spätherbst wurde die im Direktzug bewirtschafte Anlage gerodet und für eine Neubepflanzung vorbereitet. Als Folge der Übernahme durch die Fenaco-Gruppe wurde aus der Volg-Weinkellerei die Rutishauser-DiVino. Ihr Hauptsitz befindet sich im Niderfeld in Wülflingen. Der Rebbaubetrieb, der in der Deutschschweizer Weinbauszene einzigartig ist, hat bereits umfassende Erfahrungen mit robusten Sorten sammeln können. So werden in den Reblagen von Wiesendangen, Neftenbach und Neunforn (TG) verschiedene Piwi-Sorten wie Solaris, Helios, Seyval blanc, Cabernet Jura und Léon Millot angebaut.
Mehr Nachhaltigkeit
Fenaco und auch ihre Tochterunternehmen setzen verstärkt auf mehr Nachhaltigkeit. Entsprechend will man im Bereich der Weine die zahlreichen Möglichkeiten nutzen, um sich einer verstärkten Nachhaltigkeit zu verpflichten. Dazu gehört eine laufende Verkleinerung des ökologischen Fussabdrucks im Rebberg wie im Keller. Folgerichtig setzt Rutishauser-DiVino nun bei der Neupflanzung auf die Piwi-Sorte Muscaris. Damit entsteht mit 2.2 ha die grösste Muscaris-Anlage der Schweiz. «Diese Sorte hat uns in der Degustation am meisten überzeugt», führte Hans Naegeli, Geschäftsführer der Rutishauser-DiVino, bei einer Begehung des neubepflanzten Rebberg aus. Um im breiten Markt aber die Chancen neuer Sorten auszuloten, ist die national im Markt aktive Kellerei auf eine bestimmte Menge angewiesen, was auch den Ausschlag für diese beachtliche Fläche gab. «Wir haben viel Kapital investiert. Denn die Nachhaltigkeit ist für uns eine Überzeugungssache», hielt Naegeli weiter fest. Allein die Kosten für die Hochreben und das weitere eingesetzte Material für das Drahtgerüst belaufen sich auf Fr. 75 000.– je Hektare. Zuzüglich der Arbeitskosten wird der Gesamtaufwand für eine Hektare auf Fr. 150 000.– beziffert.
Materialschlacht
Der Muscaris als Kreuzung aus den beiden Weissweinsorten Solaris (Mutter) und gelber Muskateller (Vater) wurde 1987 am Süddeutschen Weinbauinstitut Freiburg gezüchtet und besticht vor allem durch Muskataromen. Er weist eine sehr hohe Resistenz gegen den Falschen und Echten Mehltau auf. Die eher früh austreibende und somit auch etwas frühlingsfrostgefährdete, robuste Traubensorte hat ungefähr den gleichen Reifezeitpunkt wie der Riesling-Silvaner. «Wir haben hier Ende Mai 10 350 Hochstammreben gepflanzt, in der Zwischenzeit auch rund 3000 Pfähle eingeschlagen, 300 Anker eingedreht und 110 Kilometer Drähte eingezogen», führte Produktionsleiter Jürg Schönenberger aus.
Marktperspektiven
Doch nun brauche es viel Überzeugungskraft, um diesen neuen Wein auch bekannt zu machen, wie Naegeli festhielt. Deshalb hat man von Beginn weg das Marketing ins Boot geholt. Zugleich ist auch der Keller gefordert, in dem man die neue Sorte keltern muss. Thomas Wettach, zuständig für die Traubenbeschaffung, sprach dabei von einem notwendigen Lernprozess, um aus dieser Piwi-Sorte das Optimum für den Genuss im Glas herauszuholen. «Wenn nun alles nach Plan läuft, wird es 2024 einen kleinen Ertrag geben und 2025 könnte dann bereits eine kleine Ernte eingefahren werden, die dann im Markt eingeführt werden kann», erläuterte Wettach das Vorgehen.
Abb.: Marketingleiterin Catherine Röthlin, Thomas Wettach, Leiter Einkauf, Produktionsleiter Jürg Schönenberger und Geschäftsführer Hans Naegeli stossen in der Neuanlage auf den erfolgreichen Start mit der robusten Rebsorte an. (© Roland Müller)
Doch mit dieser Parzelle ist es für die Kellerei noch nicht getan. «Wir werden im kommenden Jahr nach der Rodung einer weiteren Parzelle eine grössere Fläche mit Souvignier gris bestocken», kündigte Schönenberger an. Diese Weissweinsorte gehört ebenfalls zu den robusten Sorten, wobei bereits landesweit 35 ha bestockt sind.