Stickstoffdüngung im Weinbau – effizienter und umweltfreundlicher

Als Fortsetzung zur Frage des Bedarfs und der Notwendigkeit von Stickstoffdüngungen beschreibt Oswald Walg im zweiten Teil die effiziente und umweltfreundliche N-Düngung mit Side-Dressing und CULTAN.


Autor_Walg Oswald_rund
Oswald Walg
DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (D)
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 05 / 2022 , S. 24

Stickstoff nimmt unter den Pflanzennährstoffen eine besondere Stellung ein, da er im Boden verschiedenen Um-, Ab- und Aufbauprozessen unterliegt. Diese werden von zahlreichen Faktoren wie Bodenart, pH-Wert, Humusgehalt des Bodens, Witterungsverlauf und der Art und Intensität der Bodenpflege beeinflusst. Während natürliche Prozesse (z.B. Stickstofffreisetzung, -verfügbarkeit und -aufnahme aufgrund der Witterung) kaum zu kalkulieren sind, können neben dem Zeitpunkt der Düngung die Stickstoffform und die Art der Ablage einen entscheidenden Einfluss auf die Effizienz der N-Aufnahme haben. Aus diesem Grund ist die Kenntnis über die Eigenschaften von N-Düngern unerlässlich.   

Ausbringtechnik und Nährstoffformen bestimmendie Düngerwirkung

Die mineralische Stickstoffdüngung erfolgt im Weinbau bislang überwiegend breitflächig mit Schleuderdüngerstreuern auf die Bodenoberfläche (Einstiegsbild, © O. Walg). Der Stickstoff wird von den Wurzeln im Wesentlichen als Nitrat aufgenommen. Für Systeme mit eingeschränkter Wurzeldichte, wie dies bei Reben der Fall ist, ist ein gleichmässig verteiltes N-Angebot nur begrenzt erreichbar. Daraus resultiert, dass bei der konventionellen, breitwürfigen N-Düngung ein Teil des gedüngten Stickstoffs über längere Zeit gefährdet ist, ausgewaschen zu werden, sofern nicht Begrünungspflanzen für eine Aufnahme sorgen. Auf dauerbegrünten Flächen ist deshalb zwar die Auswaschungsgefahr gering, jedoch wird durch eine breitflächige Verteilung des Stickstoffs in erster Linie die Begrünung «gefüttert» und ein häufigeres Mulchen ist die Folge. In offen gehaltenen Gassen besteht aufgrund der geringen Ausnutzung des Nitrats durch die Rebwurzeln die Gefahr, dass nach der Ernte noch grössere Mengen an Reststickstoff im Boden zurückbleiben. Die Anregung der biologischen Aktivität und damit einhergehend eine höhere N-Mineralisation als Folge des höheren N-Angebots durch die Düngung verstärkt diese Gefahr (Priming-Effekt). Herbst- und Winterbegrünungen sind hier eine wirksame Massnahme, um den Reststickstoff zu binden. 

Ein Ausweichen auf ammoniumhaltige Stickstoffdünger wird häufig als Möglichkeit angesehen, eine Nitratauswaschung zu vermeiden oder zu verringern. Da Ammonium im Boden aber relativ rasch durch nitrifizierende Bakterien in Nitrat umgewandelt wird, ist bei den herkömmlichen Ammoniumdüngern dadurch keine Reduzierung des Auswaschungspotenzials zu erreichen. Von der Düngemittelindustrie werden deshalb stabilisierte N-Dünger angeboten, die mittels eines Nitrifikationshemmers (Inhibitor) die Umwandlung von Ammonium zu Nitrat über einen längeren Zeitraum unterbinden und damit den Dünger in eine langsam fliessende Stickstoffquelle umwandeln, mit der die Nitratauswaschung reduziert werden kann. Neben den Nitrifikationshemmern gibt es speziell für den N-Dünger Harnstoff-Ureasehemmer. Diese hemmen das Enzym Urease, das für die Umwandlung von Harnstoff in Ammonium benötigt wird.

Effizienz verbessern 

Die Umsetzung der Düngeverordnung erfordert in vielen Betrieben ein Umdenken. Es besteht ein grosses ökologisches Interesse an Düngungsverfahren zur Reduktion der Stickstoffproblematik, insbesondere im Hinblick auf Nitratauswaschung und gasförmige Stickstoffverluste. Neben strategischen Anpassungen bieten andere technische Lösungen die Chance einer effizienteren und umweltfreundlicheren N-Düngung. 

Um die Auswaschungsgefahr von Nitrat zu minimieren, muss sich die Verfügbarkeit von Stickstoff an dem N-Bedarfsrhythmus der Reben orientieren. Konkret bedeutet dies: keine erhöhten Stickstoffmengen im Boden ab Reifebeginn und Abfangen von überschüssigem Stickstoff durch Begrünungspflanzen im Herbst und Winter. Mineralischer oder organischer Stickstoff sollte deshalb, falls überhaupt erforderlich, vor der Blüte ausgebracht werden, nach Traubenschluss ist keine Bodenbearbeitung mehr vorzunehmen. Ausnahme ist eine flache Saatbettbereitung zur Einsaat von Begrünungen. Bodenverdichtungen sollten nur mit einer Hublockerung beispielsweise mit einem Paragrubber (Schichtengrubber) behoben werden. Eine bodenumbrechende Lockerung sollte nicht erfolgen, da sie zu einer verstärkten N-Freisetzung durch Anregung der Mineralisation führt.

Um die Effizienz der Ausnutzung zu verbessern, muss der N-Dünger dort abgelegt werden, wo die höchste Wurzeldichte vorhanden ist. Dies ist der Unterstockbereich. Dort haben die Wurzeln das beste Milieu zur Entwicklung. Der Bereich wird nicht verdichtet, nicht tief bearbeitet, hat meist wenig Konkurrenz durch Begrünungen und ist, bedingt durch die Laubwandtraufe, auch besser mit Wasser versorgt als die Gassen. Eine gezielte oberflächige Ablage in den Unterstockbereich ist deshalb einer breitflächigen Verteilung vorzuziehen. Noch effizienter und umweltschonender ist allerdings eine platzierte Ausbringung von N-Düngern in direkter räumlicher Nähe zu den Rebwurzeln. 

Entscheidend für die Auswaschung ist die N-Form. Um eine bessere Effizienz bei der Aufnahme und geringere Auswaschung zu erreichen, muss der N-Dünger wurzelnah in möglichst stabiler Form auf Ammoniumbasis gedüngt werden. Im Vergleich zu einer weniger effizienten, breitflächigen Ablage kann dadurch auch die N-Düngermenge reduziert werden, was sich auch in geringeren Kosten niederschlägt. Dort, wo ein N-Bedarf ermittelt wird, genügen meist 25 bis 30 kg Rein-N/ha. Nur in schwachwüchsigen Anlagen sind höhere N-Gaben erforderlich. In solchen Anlagen ist allerdings auch das bestehende Bodenpflegesystem zu überprüfen, denn Schwachwüchsigkeit wird in den meisten Fällen durch übermässigen Trockenstress ausgelöst. Häufig ist eine zu starke Wasserkonkurrenz durch Begrünungen dafür verantwortlich.

Technische Lösungen für eine platzierte, wurzelnahe N-Ablage 

Eine platzierte N-Ablage in direkter räumlicher Nähe zu den Wurzeln kann als Tiefendepotdüngung mit möglichst stabilen Stickstoffformen erfolgen. Im Weinbau bietet sich dafür die Ablage des Düngerbandes als Liniendepot neben den Stockreihen in 15 bis 25 cm Bodentiefe an. In dieser Tiefe ist die biologische Aktivität geringer als unmittelbar unter der Bodenoberfläche, und ein zentriert abgelegtes Depot hat weniger Bodenkontakt, was die Stabilität des Depots erhöht. Dadurch ist das Risiko von Auswaschungs- und Ausgasungsverlusten reduziert. Auch ist dort die Bodenfeuchtigkeit höher als an der Bodenoberfläche, weshalb die Gefahr einer «Trockenfixierung» von Ammonium an Tonminerale gering ist. Für die Ablage sind Gassenbreiten von mindestens zwei Metern erforderlich, damit genügend Platz zwischen der Schlepperspur und den Stöcken für die Ablage vorhanden ist. Die Ausbringung erfolgt beidseitig, weshalb die Injektion nur in jeder zweiten Gasse vorgenommen wird. Da die Wurzeln an das Depot heranwachsen müssen, sollte dieses immer in derselben Gasse abgelegt werden. Aufgrund der besseren Befahrbarkeit sind begrünte Gassen zu bevorzugen, aber auch eine Ablage in offenen Gassen ist möglich, sofern neben den Stöcken keine Tiefenbodenbearbeitung erfolgt, die die Wurzelbildung beeinträchtigt. Die Ausbringung kann ab dem Austrieb erfolgen, sollte aber rechtzeitig vor der Blüte abgeschlossen sein.

Die Depotdüngung kann im Side-Dressing-Verfahren mit festen oder im CULTAN-Verfahren mit flüssigen ammoniumbetonten Mineraldüngern erfolgen (Abb. 1). Beide Verfahren weisen grundsätzlich die gleiche Eignung zur gezielten wurzelnahen Depotdüngung auf. Feste Dünger sind allerdings einfacher zu handhaben als die flüssigen korrosiven Düngerlösungen. Ammonium hat den Vorteil, dass es nicht frei in der Bodenlösung beweglich ist und aufgrund seiner positiven Ladung eine gute Stabilität liefert, da es an Bodenteilchen gebunden wird. Die Pflanzenwurzeln müssen aktiv an das Ammonium als Stickstoffquelle heranwachsen und es von den Randflächen her erschliessen. Dabei bildet sich ein dichtes Wurzelgeflecht um das Ammoniumdepot (Abb. 2). Die Pflanzenernährung über die Ammoniumform führt über einen geänderten pflanzenphysiologischen Mechanismus zur geregelten Stickstoffaufnahme. Der energieaufwendige Umweg der Nitratreduktion in der Pflanze entfällt in diesem Fall, denn Ammonium kann im Gegensatz zu Nitrat bereits in den Wurzeln in Aminosäuren eingebaut werden. Die Pflanze kann sie dann zu den Bedarfsorten transportieren und dort in Proteine einbauen. Dagegen muss sie Nitrat erst in die Blätter transportieren, um es dort unter Lichteinfluss und Energieverbrauch durch die Nitratreduktase zu Ammonium zu reduzieren. Erst dann ist der Einbau in Aminosäure oder Proteine möglich. Ammoniumdepots können, abhängig von der Bodenfeuchte, der Temperatur und dem Sauerstoffgehalt, u.U. sechs bis acht Wochen stabil bleiben, bevor nitrifizierende Bakterien von den Randzonen beginnend die Umwandlung in Nitrat bewirken. So kann über die Vegetation das Gleichgewicht zwischen pflanzlichem N-Bedarf und N-Bereitstellung aus dem Boden erreicht werden bei gleichzeitiger Reduktion von Stickstoffverlusten. 

Abb. 1: Geräteeinheiten für Side-Dressing (vorne) und CULTAN (hinten). (© M. Porten)

 

Abb. 2: Wurzelgeflecht bei N-Depotdüngung. (© O. Walg)

 

Da bei Umsetzung von Ammoniumdüngern H+-Ionen freigesetzt werden, wirken sie in ihrer unmittelbaren Umgebung (Rhizosphärenbereich) versauernd, ohne jedoch den pH-Wert des übrigen Bodens wesentlich zu beeinflussen. Dadurch wird das Nährstoffaneignungsvermögen verbessert. Nährstoffe wie Phosphor und Mikronährstoffe sind besser pflanzenverfügbar. Auf kalkhaltigen Böden, die zur Chlorose neigen, ist insbesondere die Mobilisierung von Eisen durch die Versauerung im Rhizosphärenbereich von Bedeutung. Zusätzlich kann mit einer Depotdüngung auch Fe-Dünger injiziert werden, um die Eisenversorgung zu verbessern und dadurch Kalk- bzw. Eisenmangelchlorose zu mindern. Dies gilt auch für andere Mikronährstoffe.

Side-Dressing – Ausbringtechnik und Dünger

Side-Dressing (= Seitendüngung) ist die Ablage von festen Düngern als Band seitlich neben den Kulturpflanzen. Die grösste Düngereffizienz und die geringsten Verluste werden mit stabilen Ammoniumdüngern erreicht, die in Wurzelnähe abgelegt werden. Im Weinbau sind hierfür entsprechende Streubehälter notwendig, die eine seitliche Ablage ermöglichen (Abb. 3). Die Injektion in Wurzelnähe kann mit Grubberscharen erfolgen. Diese sollen den Boden schonend unterfahren, ohne dass es zu grösserem Bodenaufwurf oder Wurzelbeschädigungen kommt. Dazu müssen die Schare schmal und flach sein. Ein Scheibensech vor den Scharen auf Höhe der Zinken kann hilfreich sein, indem es den Boden vorschneidet und damit Bodenabbrüche verhindert. Neben Schmalscharen (Abb. 4) haben sich Paragrubberzinken bewährt (Abb. 3). Sie ziehen sich gut in den Boden ein und durch die gewölbte Form schneiden sie den Boden von innen nach aussen (Abb. 5). Die Zuführung des festen Düngers erfolgt über eine Zuleitung am Zinkenrücken. Der Ausgang muss vor Verstopfungen geschützt sein, damit der Dünger frei in den Hohlraum hinter dem Zinken rieseln kann.

 

Abb. 3: Paragrubber mit aufgebautem Kastenstreuer für beidseitige Depoteinlagerung. (© O. Walg)

 

Abb. 4: Schmalschare mit Scheibensechen und Zuleitung für den Düngerauswurf. (© O. Walg)

 

Abb. 5: Paragrubber bei der Ablage von Harnstoff im Side-Dressing-Verfahren. (© O. Walg)

 

CULTAN – Ausbringtechnik und Dünger

Eine N-Depotdüngung kann auch mit flüssigen Düngern erfolgen. In diesem Fall spricht man von einer CULTAN-Düngung. Der von Karl Sommer (Universität Bonn) geprägte Begriff «CULTAN» ist eine Abkürzung für den englischen Ausdruck: Controlled Uptake Long Term Ammonium Nutrition.

Er beinhaltet, dass Ammonium beim CULTAN-Verfahren die dominierende N-Quelle für die Pflanzen ist. Auch bei diesem Verfahren beruht das Prinzip auf der Platzierung von überwiegend NH4-haltigen flüssigen N-Düngemitteln im Wurzelraum der Pflanzen, sodass der benötigte Stickstoff in einer pflanzenverfügbaren, aber nicht verlagerbaren Form angeboten wird. Allerdings werden hierfür flüssige N-Dünger eingesetzt. Die Injektion der flüssigen Dünger als Liniendepot entlang der Zeilen kann mit den gleichen Scharen wie beim Side-Dressing erfolgen (Abb. 6). Bei zu engen Zeilen ist auch eine Ablage in der begrünten Gassenmitte möglich (Abb. 7).

 

Abb. 6: Geräteeinheit mit Schmalscharen für die CULTAN-Düngung. (© O. Walg)

 

Abb. 7: In engen Zeilen kann das CULTAN-Depot auch in der Zeilenmitte unter die Begrünung abgelegt werden. (© O. Walg)

 

Die Zuleitung der flüssigen Dünger befindet sich auch hier am Zinkenrücken. Die Injektion erfolgt über eine Düse, die den dosierten Volumenstrom fächerförmig bis an die seitlichen Begrenzungen des Schar-Hohlraums verteilt. Eine Kappe an den Düsen schützt vor Verstopfungen. Düngerbehälter und Armatur entsprechen der herkömmlichen Ausstattung von Herbizid-Bandspritzgeräten. Wegen der korrosiven Wirkung von Ammoniumdüngern ist jedoch darauf zu achten, dass «flüssigdüngerfeste» Materialien eingesetzt werden. Dies betrifft insbesondere die Pumpe.

Fazit

Es besteht ein grosses umweltpolitisches Interesse an alternativen N-Düngungsverfahren, die zu einer Reduktion der Stickstoffbelastungen führen. Eine platzierte Ausbringung von N-Düngern wird als Möglichkeit zur Verbesserung der Stickstoffeffizienz und der Verringerung sowohl der Nitratauswaschung als auch von gasförmigen Ammoniakverlusten angesehen. Darunter wird eine gezielte Ablage der N-Dünger in direkter räumlicher Nähe zu den Wurzeln verstanden. Im Weinbau kann dies mit einer Tiefendüngung in Form eines Liniendepots entlang der Zeilen erfolgen. Technisch ist dies mit festen Düngern als Side-Dressing oder mit flüssigen Düngern als CULTAN zu realisieren. Mit den entsprechenden ammoniumbetonten Depotdüngern wird, neben einer bedarfsgerechten und effizienten Ernährung, auch ein Beitrag zum Klima-, Gewässer- und Grundwasserschutz geleistet, indem schädliche Emissionen (Ammoniak, Lachgas) und Nitrat-Abwaschungen und -Auswaschungen vermindert werden. Eine nicht abgeschlossene Liste von Stickstoffdüngern für das Side-Dressing-Verfahren sowie das CULTAN-Verfahren finden Sie hier.

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