© O. Boxler

«Weinskalen und Methoden»: Die Tücken der Weinbewertungssysteme

Punktebewertungen bei Weinen spielen immer noch eine gewisse Rolle, aber nicht (mehr) die entscheidende. Viele Konsumierende achten eher auf Degustationsnotizen oder auf das äussere Erscheinungsbild von Flasche und Etikette. Oliver Boxler hat in seiner Abschlussarbeit zum Weinakademiker einen Überblick geschaffen.

Artikel von:
Oliver Boxler
Weinakademiker
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 16 / 2024 , S. 8
Punktebewertungen auf Weinflaschen haben sich in den Regalen von Fachmärkten und Fachzeitschriften zu einem zentralen Marketinginstrument etabliert. Sie bieten Konsumentinnen und Konsumenten beim Einkauf eine schnelle Orientierung betreffend der zu erwartenden Weinqualität. Die Benotungskriterien und -systeme dahinter sind allerdings intransparent und untereinander nur schwer vergleichbar. Die Punktesysteme beruhen nicht auf einer exakten Wissenschaft, sondern widerspiegeln oft die subjektiven Vorlieben von Weinkritikerinnen und -kritikern. Eine Umfrage zeigt, dass Konsumierende zunehmend Wert auf andere Qualitätskriterien legen als auf die blosse Punktenennung auf der Weinflasche.

Die Entwicklung der sensorischen Weinanalyse

Als die ersten geschützten Ursprungsbezeichnungen wie zum Beispiel das Bordeaux-Klassifikationssystem 1855 eingeführt wurden, erfolgte dies ohne qualitative Verkostung. Die Einstufung erfolgte auf der Grundlage der damals erzielten Verkaufspreise. Erst in der Mitte des letzten Jahrhunderts wurde die sensorische Analyse und das Verfassen von Degustationsnotizen zu einer wissenschaftlichen Disziplin. Pioniere sind die französischen Önologen und Professoren Emile Peynaud und Max Léglise sowie die kalifornischen Universitätsprofessoren Maynard ...