Zuckerrüben-Ethanol

Seit 2008 gibt es in der Schweiz keine Ethanolproduktion mehr. Mit hiesigen Zuckerrüben soll nun wieder hier produziertes, hochwertiges Ethanol gefertigt werden. Gemeinsam haben die Schweizer Zucker AG und Ethanollieferantin Alcosuisse die neue Ethanolproduktionsanlage auf dem Areal der in der Zuckerfabrik in Aarberg eröffnet – nach sechs Jahren Vorlaufzeit.


Renate Hodel
LID
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 12 / 2022 , S. 33

Ethanol – als reiner Alkohol – wird seit Jahren für Kosmetika oder Medizin und in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Seit der Coronaviruspandemie ist es der Bevölkerung insbesondere als Bestandteil von Desinfektionsmittel bekannt. Die erhöhte Nachfrage nach Desinfektionsmittel führte insbesondere 2020 während der ersten Pandemiewelle zu einem Mangel und Versorgungsengpässen an Ethanol. Da es in der Schweiz aber seit fast 15 Jahren keine Ethanolproduktion mehr gibt, ist die Schweiz entsprechend stark vom Ausland abhängig. Die Pharma- und Lebensmittelindustrie sowie die Kosmetika- und Naturheilmittelhersteller produzierten bis anhin mit importiertem Ethanol. 

Von der Idee bis zum ersten Ethanoltropfen 

Nun soll es zukünftig wieder Schweizer Ethanol geben. Die Schweizer Zucker AG hat zusammen mit der Alcosuisse AG ein Verfahren entwickelt, mit dem aus Zuckerrüben der begehrte Alkohol hergestellt werden kann. Die Idee dazu wurde aber nicht erst während der Coronaviruspandemie geboren, sondern ist schon älter. «Die Planung und Umsetzung hat seine Zeit gedauert», sagte Florian Krebs, Geschäftsführer der Alcosuisse AG, anlässlich der Eröffnung der Anlage in Aarberg. Ausserdem sei man auf die Hilfe aus dem Ausland angewiesen gewesen, da die Erfahrungen in der Schweiz seit geraumer Zeit fehlten. 

Ethanol ist reiner Alkohol mit bis über 90 Volumenprozent. So hochprozentig also, dass man ihn besser nicht trinkt. Erst in der Verarbeitung kann er auch für alkoholische Getränke verwendet werden. Daneben wird Ethanol als Lösungsmittel für Stoffe verwendet, die für medizinische oder kosmetische Zwecke eingesetzt werden wie Duftstoffe, Aromen, Farbstoffe oder Medikamente sowie Desinfektionsmittel. Auch energetisch kann Ethanol verwendet werden. Das sogenannte Bioethanol wird ausschliesslich aus Biomasse oder den biologisch abbaubaren Anteilen von Abfällen hergestellt. 

Trink- und Pharmaethanol 

Nun ist die Anlage fertig und auch die Testphase ist abgeschlossen. Das neue Schweizer Ethanol soll zukünftig in zwei Qualitäten verfügbar sein. Zuerst wird das mit dem Namen «CH11» versehene und speziell für die Herstellung von Spirituosen konzipierte Trinkethanol verfügbar. Bereits haben erste Schweizer Spirituosenherstellerinnen und -hersteller das Schweizer Ethanol für ihre Produkte verwenden können und ein Dutzend Brennmeisterinnen und Brennmeister aus allen Landesteilen konnten am Eröffnungsanlass der Anlage die Resultate daraus zeigen. Gegen Ende Jahr soll dann die zweite Qualität, ein hochwertiges pharmazeutisches Ethanol mit dem Namen «CH15» lanciert und von Alcosuisse vertrieben werden. 

Auch Zuckerrübenanbau soll profitieren 

Ein Erfolg des Projekts wäre auch für die Zuckerfabrik nicht unbedeutend: «Jedes zusätzlich veredelte Nebenprodukt hilft, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu steigern und sendet ein positives Signal an unsere Zuckerrübenproduzentinnen und -produzenten», meinte Guido Stäger, CEO der Schweizer Zucker AG. 

Mit der neuen Destillationsanlage wollen sich die Alcosuisse AG und die Schweizer Zucker AG einen Markt mit viel Potenzial erschliessen. Mit einer maximalen Produktionskapazität von jährlich rund 700 000 Litern reinen Ethanols wird die Anlage in Aarberg den hiesigen Bedarf an Ethanol aber trotzdem nur teilweise decken können. Der Gesamtverbrauch in der Schweiz liegt pro Jahr bei rund 50 Mio. Litern Ethanol.

Titelbild

Auf einem Rundgang konnte die neue Anlage besichtigt werden. (© R. Hodel)


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