© Clémence Boutry, FiBL

Bodenfruchtbarkeit muss aufgebaut werden

Das neu eingeführte Nachhaltigkeitsprogramm vom Schweizer Obstverband (SOV) appelliert mit einem bindenden Punktesystem an die Obstproduzentinnen und -produzenten, unter anderem die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, um nachhaltiger zu produzieren.

Artikel von:
Thierry Suard
Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)
Franco Weibel
Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung, Sissach
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 04 / 2023 , S. 20

Mit einer Reduktion des Einsatzes von mineralischen Düngern und Herbiziden kann unter anderem gepunktet werden. Aber funktioniert die Umstellung auf organische Düngung auf Anhieb in einem Boden, der zuvor hauptsächlich mineralisch gedüngt wurde? Was muss bei einem Herbizid (Teil-)verzicht beachtet werden? Auf diese Fragen wollen wir hier eingehen.

Mineralische N-Düngung und Herbizide hemmen die Bodenfruchtbarkeit

Mineralische N-Dünger und Herbizide sind für Bodenmikroorganismen, die die Grundlage der Bodenfruchtbarkeit bilden, keine willkommenen Gäste. Ein rein mineralisch gedüngter Boden kann mit einer Hydrokultur verglichen werden. Die Pflanzen werden 1:1 mit leicht verfügbaren löslichen Nährstoffen versorgt, die sie brauchen. Die Bodenmikroorganismen werden somit überbrückt und schwinden langsam. Der Boden verliert seine Nährfunktion für die Pflanzen und hat nur noch eine Trägerfunktion.

Ergebnisse aus Frankreich (Selosse Marc-André 2017) zeigen, dass eine 30 %-Verringerung der Bodenmikroorganismen im Boden eine Reduktion von 40 % der Mineralisierungsaktivität, ein Verlust von 40 % der Pflanzenproduktivität sowie der strukturellen Stabilität des Bodens und eine Vervielfachung um das Fünffache der Überlebenszeit von Bodenpathogenen verursacht.

Die Erfahrungen aus dem Bio-Obstbau zeigten klar, dass die Wertigkeit eines überwiegend mineralisch gedüngten Bodens zuerst durch Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit aufgebaut werden muss, damit Nährstoffe aus den Bodenvorräten und aus organischen Düngern in nützlicher Frist mineralisiert werden können. Geschieht dies nicht, zeigen die organischen Dünger anfangs kaum Wirkung. Dieser Aufbauprozess kann mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Das Nahrungsnetz im Boden braucht «Startfutter»

In jedem Quadratmeter fruchtbaren Bodens leben 1 bis 3 kg Mikroorganismen, die eine Energie- und Nahrungskette im Boden bilden. 30 bis 60 % der Kohlenhydrate aus der Photosynthese der Pflanzen werden in Form von Wurzelexsudate wieder ausgeschieden. Diese bilden die Primärenergie für das ganze Nahrungsnetz im Boden. Es leuchtet daher ein, dass eine möglichst durchgehende Bodenbedeckung mit Vegetation die beste Hilfe für das Bodenleben ist.

Periodische Begrünung des Baumstreifens senkt Baumleistung nicht

Ab der Blüte bis zum T-Stadium benötigen Bäume besonders viel Assimilate für die Blütenknospen- und die Fruchtbildung. Die Reserven vom Winter sind aufgebraucht und das Risiko besteht, dass der Baum unterversorgt wird. Unkrautfreiheit ist in dieser Zeit unerlässlich, um Konkurrenz zu vermeiden. Und danach?

Ein dreijähriger Versuch von Agroscope aus den 90er-Jahren (D. Gut et al. 1997, Abb. 1) zeigte, dass Bäume, die das ganze Jahr unkrautfrei gehalten wurden, nicht mehr produzierten als Bäume, die lediglich von April bis September unkrautfrei gehalten wurden. Der Grund liegt in der besseren Nährstoffkonservierung über den Winter, der Verbesserung der Bodenstruktur und der Erhöhung des Humusgehalts nach dem Absterben der Begrünungswurzeln. In diesem Sinn ist ab August bis März möglichst eine Naturbegrünung in der Baumreihe anzustreben. Alternativ können auch Einsaaten von abfrierenden Mischungen dienen (z. B. UFA SaniMix Apple/Cherry, mitentwickelt von der Obstbaufachstelle Ebenrain Sissach). Diese Saatmischungen erlauben eine stärkere Bewurzelung des Bodens als die Naturbegrünung. Bei Mäusebefall muss die Mischung im Frühjahr frühzeitig gemulcht resp. eingearbeitet werden.

 

Abb. 1: Erträge pro Baum bei verschiedener Dauer von Unkrautfreiheit. (© D. Gut et al.)

 

Kompost, der Bodenverbesserer par excellence

Gut verrotteter Qualitätskompost verbessert nachhaltig die Bodenstruktur und damit den Wasser-, Luft- und Nährstoffhaushalt (Abb. 2). Mit seiner mikrobiellen Aktivität und als Futter für die Regenwürmer trägt er zum Blatt- und damit Sporenabbau von Krankheiten wie Schorf bei. Sein antiphytopathogenes Potenzial (Suppressivität) wurde auch in Kombination mit Dammanbau (Steinobst, Himbeeren) gegen aggressive Bodenpilze wie Phytophtora spp. oder Thielaviopsis beobachtet.

 

Abb. 2: Es ist wichtig, dass der Kompost im Frühjahr gut eingearbeitet wird. (© Thierry Suard)

 

Man darf keine direkte Stickstoffwirkung aus dem Kompost erwarten. Wenn eine hohe Bodenfruchtbarkeit erreicht ist, genügt allein das Hacken im Frühjahr, um genügend Stickstoff aus dem Bodenvorrat und der organischen Düngung für Obstbäume zu mineralisieren. Die Wachstumssteigerung, die bei Zugabe von Kompost in Böden mit Bodenmüdigkeit beobachtet wird, ist nicht auf die Düngewirkung des Komposts zurückzuführen, sondern auf die Veränderung der mikrobiellen Zusammensetzung im Boden.

Zur einmaligen Bodenverbesserung kann eine Gabe von 30 bis 40 m³/ ha an Grünkompost ausgebracht werden. Als jährliche Streumenge hingegen sollten 10 m³ nicht überschritten werden. Erlaubt sind pro drei Jahre max. 25 t TS/ha Kompost (rund 80 m³). Diese 80 m³ entsprechen in der Theorie einer Humusgehaltserhöhung im Oberboden von 0.3 %. Man beachte dabei, dass die Suisse-Bilanz nicht überschritten wird (ca. 3 kg P2O5 pro m³ Kompost). Ein Qualitätskompost für den Obstbau zeichnet sich durch einen hohen Ligninanteil (Holz) aus, ist homogen und gut verrottet (Holzstücke lassen sich gut zerreiben).

Reifer Kompost erhöht dauerhaft den Humusgehalt des Bodens. Humus ist in der Lage, das Drei- bis Fünffache seines Eigengewichts an pflanzenverfügbarem Wasser zu speichern. Erfahrungswerte aus der Praxis zeigen, dass jede Erhöhung des Humusgehalts um 0.1 % zu einer Erhöhung der Wasserspeicherkapazität um 4 mm führt, wobei eine Bodentiefe von 25 cm angenommen wird. Dies entspricht fünf bis zehn Tage mehr Wasservorrat (Weibel 2023). Der Humus erfüllt noch einen wichtigen mechanischen Zweck: Wenn auch Ton in der Erde vorhanden ist, lagert sich der Humus gern daran an. Es entstehen die sogenannten Ton-Humus-Komplexe. Sie sorgen dafür, dass der Boden nachhaltig stabil und belastbar bleibt. So kann er schwere Maschinen besser tragen und verzeiht auch mal, wenn man bei nassem Boden in die Obstplantage fahren muss.

Literatur

Gut D. et al., 1997: «Critical period for weed competition in apple orchards: preliminary results», www.actahort.org/books/422/422_49.html

Selosse M.-A., 2017: «Jamais seuls, ces microbes qui construisent les plantes, les animaux et les civilisations », Actes Sud.

Weibel F., 2023: Vortrag « Humusaufbau in Obstanlagen», Bioobstbautagung FiBL, Frick, 24. Januar.

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