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Feuerbrandbe­kämpf­ungs­versuche: wirksame Strategien und Pflanzenschutzmittel

Das Sortiment der in der Schweiz zugelassenen Pflanzenschutzmittel (PSM) gegen Feuerbrand ist begrenzt. Im Rahmen des Projekts «HERAKLES Plus» führt Agroscope seit elf Jahren praxisnahe Versuche auf einer Biosicherheitsparzelle durch, um effektive Bekämpfungsstrategien und geeignete Produkte für Produzenten zu ermitteln. Auch im Jahr 2024 wurden verschiedene Strategien und Produkte getestet.

Artikel von:
Perrine Gravalon
Agroscope, Wädenswil
Sarah Perren
Agroscope, Wädenswil
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 02 / 2025 , S. 12

Die durch das Bakterium Erwinia amylovora verursachte Obstkrankheit Feuerbrand tritt in der Schweiz seit einigen Jahren auf. Der Infektionsdruck variiert je nach Saison, 2024 war für den Feuerbrand wiederum ein günstiges Jahr. Neben angemessenen Massnahmen zur Sanierung befallener Obstanlagen dient der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) den Produzierenden in Risikoperioden als zusätzliches Bekämpfungsinstrument. Blossom ProtectTM (Hefepräparat mit Aureobasidium pullulans) und Myco-Sin® (schwefelsaure Tonerde mit Schachtelhalmextrakt) sind in der Schweiz beide gegen Feuerbrand zugelassen. Zum Hefeprodukt Blossom ProtectTM wird der Zitronensäurepuffer Buffer Protect NT zugegeben, um den pH in den Blüten zu verringern: ein saures Milieu ist für die E.-amylovora-Bakterien ungünstiger als für die Hefe.

Kombination von Pflanzenschutzmitteln

Nach vielen Versuchsjahren zeigen diese Produkte, abhängig von den Witterungsbedingungen, eine mittlere bis gute Wirksamkeit gegen Feuerbrand (Gravalon et al. 2024 und frühere Publikationen). Die Ergebnisse der letzten Jahre zeigten weiter, dass eine Kombination von Produkten die Wirksamkeit gegen Feuerbrand steigern kann. Im Jahr 2023 wurden beispielsweise Myco-Sin®, Blossom ProtectTM und der Zitronensäurepuffer gemischt. Diese Tankmischung zeigte beinahe 20 % mehr Wirkung als ein separater Einsatz der beiden Produkte. 2024 wurde diese Strategie mit und ohne das Pufferpräparat Buffer Protect NT (Tab.) erneut getestet. Es wurde untersucht, ob der Zusatz von Myco-Sin® – welches die Eigenschaften einer schwachen Säure besitzt – zum Hefepräparat genügt, um dessen Wirkung als Antagonist zu gewährleisten.

 

Neue Möglichkeiten testen

Weiter wurde das neue Testprodukt VAH++ erneut getestet. Es zerstört die Zellmembran der Bakterien und bringt diese so zum Absterben. Damit ist es nicht nur gegen E. amylovora wirksam, sondern bietet ein breites Einsatzspektrum für verschiedene Organismen mit einer Zellmembran. In früheren Versuchen lag der durchschnittliche Wirkungsgrad gegen Feuerbrand häufig bei über 70 %. Allerdings verursachte VAH++ wiederholt starke Phytotoxizität auf den Blättern und den Früchten der Apfelbäume.

Eine weitere, oft diskutierte Strategie gegen Feuerbrand basiert auf Bakteriophagen. Im Gegensatz zu VAH++ wirken Bakteriophagen spezifisch gegen E. amylovora. Diese Organismen entwickeln sich in den Bakterienzellen und vermehren sich auf deren Kosten, wodurch sie die Ausbreitung des Feuerbrandbakteriums verhindern. Im Jahr 2024 wurde auf dem Breitenhof eine Mischung verschiedener Bakteriophagen getestet, die im Artikel als Präparat A bezeichnet wird (siehe Tab.).

Flexibilität angesichts der Witterungsbedingungen

Der PSM-Versuch gegen Feuerbrand wurde am Steinobstzentrum Breitenhof (BL) von Agroscope durchgeführt. Mitte April wurden dreijährige Topfbäume der Sorte «Gala Galaxy» in eine totaleingenetzte Parzelle mit strengen Biosicherheitsauflagen gebracht. Die Bäume waren zuvor einen Monat im Kühlraum gelagert worden, um die Blüte bis nach der Frostrisikoperiode hinauszuzögern. Es gab sechs Wiederholungen mit je sechs Bäumen, welche zufällig in der Parzelle verteilt waren (insgesamt 36 Bäume pro Strategie).

Zu Beginn der Blüte (12.05.2024) wurden die Mittelbäume (Primärbäume) mit einer Bakteriensuspension aus E. amylovora (5.108 KBE/ml) inokuliert. In der Parzelle wurden Hummelvölker platziert, welche die Bakterien von den primär inokulierten Bäumen (einer pro Block) zu den Versuchsbäumen (sekundär inokulierte Bäume) übertrugen. Die Präparate der unterschiedlichen Versuchsvarianten wurden am Tag der Inokulation (Abb.) und zwei Tage danach appliziert. Starke Niederschläge und das langsame Voranschreiten der Blüte erzwangen eine viertägige Unterbrechung, bevor zwei weitere Behandlungen im Abstand von zwei Tagen erfolgten (Tab.). Um die gesamte Blühdauer abzudecken, war im Vergleich zu den Vorjahren eine zusätzliche Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln notwendig.

Unmittelbar vor der Inokulation wurde die Anzahl Blütenbüschel pro Baum gezählt. Sobald die Feuerbrandsymptome rund drei Wochen nach der Inokulation gut sichtbar waren, wurde an jedem Baum die Anzahl der befallenen Büschel gezählt. Anschliessend wurden der Infektionsanteil pro Baum sowie der Wirkungsgrad im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle berechnet. Der Befall in der Kontrolle war bei durchschnittlich 38 %, dies liegt über dem Infektionsdruck der Vorjahre.

Abb.: Behandlung der sekundär inokulierten Bäumen gegen Feuerbrand am Tag der Inokulation. Die inokulierten Bäume sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die Versuchsblöcke verteilt. (© Agroscope)

 

Blossom Protect und Myco-Sin: tieferer pH für grössere Wirkung?

Trotz des hohen Befallsdrucks im Jahr 2024 erzielten die getesten Strategien im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle einen guten Wirkungsgrad (Einstiegsbild). Das Referenzprodukt Blossom ProtectTM in Kombination mit dem Puffer ergab einen Befall von durchschnittlich 21 % und damit eine Wirkung von 44 %. Der Soloeinsatz von Myco-Sin® erreichte mit einem Befall von durchschnittlich 23 % und einer Wirkung von rund 40 % ein ähnlich gutes Ergebnis, was die Testergebnisse der Vorjahre bestätigt. Die Wirkung der beiden Produkte war erneut vergleichbar. Bei der Kombination von Myco-Sin® mit Blossom ProtectTM (ohne Puffer) wurde ein leicht niedrigerer Befall von 20 % und eine durchschnittliche Wirkung von 48 % festgestellt. Die Zugabe des Puffers Buffer Protect NT zu Blossom ProtectTM und Myco-Sin® führte zu einem deutlich verbesserten Schutz: Mit einem durchschnittlichen Befall von 14 % und einer Wirkungsrate von 62 % erwies sich diese Variante im Jahr 2024 als die effektivste Strategie.

Parallel zu den Feldversuchen wurde im Labor der pH-Wert der applizierten Lösungen untersucht (Tab.). Die Verdünnung von Blossom ProtectTM mit Wasser senkte den pH-Wert der Lösung nur geringfügig. Hingegen führte die Zugabe von Buffer Protect NT zu einem deutlich sauren pH-Wert, vergleichbar mit dem von Myco-Sin® und der Mischung Myco-Sin®-Blossom ProtectTM. Der Zusatz von Buffer Protect NT zur Mischung Myco-Sin®–Blossom ProtectTM senkte den pH-Wert von 3.8 auf 2.6. Diese zusätzliche Absenkung des pH-Werts dürfte die höhere Wirksamkeit dieser Kombinationsstrategie erklären.

Wirkung und Kosten abwägen

Mehrere Produkte gleichzeitig anzuwenden bedeutet natürlich auch höhere Kosten. Eine Berechnung der Produktkosten der für die Feuerbrandbekämpfung zugelassenen Produkte pro Hektar und empfohlener Dosierung (Katalogpreis Juni 2024) zeigt, dass Myco-Sin® etwa dreimal günstiger ist als Blossom ProtectTM in Kombination mit dem Puffer Buffer Protect NT. Wenn der Puffer durch Myco-Sin® ersetzt wird, sind die Kosten vergleichbar. Die Kombination beider Produkte mit dem Puffer ist zwar die teuerste Variante, erzielt jedoch auch die beste Wirksamkeit.

Myco-Sin® ist auch ein Fungizid, das sich ideal in ein Behandlungsprogramm gegen Schorf integrieren lässt. Praktische Erfahrungen zeigen allerdings, dass Myco-Sin® in Betrieben, in denen das Wasser einen eher basischen pH-Wert aufweist, verstärkt Schaum bildet. Dieses Problem kann durch die Zugabe des Puffers Buffer Protect NT verringert werden.

Aufgrund der bisherigen Ergebnisse kann noch keine allgemeingültige Strategieempfehlung abgegeben werden. Besonders im Hinblick auf das Risiko einer Berostung der Früchte bestehen noch Unsicherheiten, die im Rahmen von weiteren Versuchen geklärt werden sollen.

Erfahrungen mit Testprodukten

2024 zeigte das Produkt VAH++ mit einer Wirkung von 79 % die beste Wirksamkeit gegen Feuerbrand, bei einem durchschnittlichen Befall von nur 8 %. Dies entspricht den Ergebnissen der Vorjahre, die ebenfalls eine durchgehend hohe Wirksamkeit dieses Produkts belegen. Leider wurde erneut Phytotoxizität auf den Blättern (Nekrosen) und an den Früchten (Verformung ab dem BBCH-Stadium 72, Haselnussgrösse) festgestellt. Im Rahmen des Feuerbrandversuchs wurde das Produkt alle zwei bis vier Tage appliziert, also in deutlich kürzeren Intervallen als ein handelsübliches Pflanzenschutzmittel. Möglicherweise erklärt dies die in unserem Versuch beobachtete Phytotoxizität. Das Produkt soll in den kommenden Jahren erneut getestet werden, im Wechsel mit anderen Produkten, um zu prüfen, ob die Phytotoxizität verringert werden kann.

Die Strategie mit dem Bakteriophagen-Mix zeigte mit einem Befall von 35 % keinen Unterschied im Vergleich zu den unbehandelten Bäumen. In diesem Versuch mit künstlicher Inokulation scheinen die Bakteriophagen die Entwicklung der Feuerbrandbakterienpopulation nicht hemmen zu können.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse der Saison 2024 sind sehr aufschlussreich und bestätigen die Ergebnisse der Saison 2023. Trotz des hohen Befalls in der Kontrolle verglichen mit den Vorjahren, haben sich die verschiedenen Test-Strategien als wirksam erwiesen. Allerdings bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Varianten. Die Kombination von Myco-Sin® mit Blossom ProtectTM und dem Puffer Buffer Protect NT zeigte die grösste Wirksamkeit. Diese seit mehreren Jahren zugelassenen Produkte bilden in der Schweizer Praxis eine gute Grundlage für die Feuerbrandbekämpfung. Neue Produkte wie VAH++ sind ebenfalls vielversprechend für die Bekämpfung von Feuerbrand. In jedem Fall bleibt eine regelmässige Kontrolle und Sanierung der Obstanlagen unerlässlich, um die Feuerbrandpopulation auf einem niedrigen Niveau zu halten.

Dank

Wir bedanken uns bei den «HERAKLES Plus»-Projektpartnern (Kantone AG, FR, LU, SG, TG, ZH, Cavo-Stiftung, Schweizer Obstverband, Fondation sur la Croix und IP-Suisse) für die Finanzierung der Versuche sowie bei den Agroscope-Versuchsbetrieben Breitenhof (Thomas Schwizer und Team) und Wädenswil (Matthias Gantner, Matthias Schmid und Team) für die wertvolle Unterstützung.

Weitere Informationen zu Feuerbrand

Literatur

Gravalon P., Amann K., Perren S., 2024: Feuerbrandstrategieversuche 2023: Kombination von Produkten vielversprechend. Obst+Wein, 02/24, 
S. 18–21.

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