Feuerbrandrobuste Apfelsorten im Test

Im Rahmen von Projekten zur Züchtung feuerbrandrobuster Obstsorten wurden Versuchsanlagen an vier Standorten in der Schweiz (Wädenswil, Güttingen, Morges und Conthey) mit den vor zehn Jahren im Vordergrund stehenden feuerbrandrobusten Sorten und Agroscope-Neuzüchtungen gepflanzt. Dies, um unter Praxisbedingungen deren Anbau- und Markteignung zu prüfen. In diesem Artikel werden die Ergebnisse am Standort Güttingen aufgezeigt.


Autor_Tschopp Damien
Damien Tschopp
Agroscope

Luzia Lussi, Agroscope; Simone Bühlmann-Schütz, Agroscope; Markus Kellerhals, Agroscope;
Patrick Stadler, Schul- und Versuchsbetrieb Güttingen, BBZ Arenenberg
 


Seit dem Jahr 2011 wurden auf dem Versuchsbetrieb Güttingen durch Agro­scope sechs vielversprechende krankheitsrobuste Sorten und Zuchtnummern auf Baumeigenschaften, Ertragsbildung und Fruchtqualität geprüft.

Der Versuch

Je eine Reihe mit 52 Bäumen der Sorten «Ariane» (Standard), «Lucy», «Ladina» sowie der Zuchtnummern «ACW 14995» und «ACW 15097» auf der Unterlage B9 wurden im Februar 2011 auf dem Versuchsbetrieb in Güttingen gepflanzt. Ein Jahr später wurden die Bäume einer weiteren Reihe mit der Sorte «Ariane» mit der Zuchtnummer «ACW 13490» umveredelt (Tab. 1 und 2).

 

Tab. 1: Beschrieb der Versuchsparzelle in Güttingen.

Tab. 2: Sorten/Zuchtnummern mit Eltern, Herkunft, Krankheitsrobustheit/Resistenz, x = Robustheit phänotypisch beobachtet, jedoch kein bekanntes Resistenzgen vorhanden. FB_F7 = quantitative Feuerbrandresistenz von «Fiesta», Rvi6 = Schorfresistenz von Malus floribunda 821, Pl1 = Mehltauresistenz von Malus robusta.

 

Krankheitsrobustheit

Die Sorten bzw. Zuchtnummern wurden aufgrund ihrer Feuerbrand- und Schorfrobustheit ausgewählt (Tab. 2). Die Feuerbrandrobustheit wurde jeweils durch künstliche Infektion in Triebtestungen im Gewächshaus und mit Blütentestungen im Freilandversuch (gesicherte Parzelle im Versuchsbetrieb Breitenhof) getestet (Klein et al. 2016). Bei den Triebtestungen wird im Sicherheitsgewächshaus der Erreger direkt in die Triebspitze injiziert. Die dadurch verursachende Läsionslänge wird über drei Wochen gemessen und der anfälligen Sorte «Gala Galaxy» gegenübergestellt. Hier zeigten alle Sorten/Zuchtnummern einen 40 bis 75  % geringeren Befall als «Gala Galaxy». Dabei waren die Resultate von «Ladina» und «ACW­ 13490» am vielversprechendsten. Bei der Blütentestung werden dreijährige Topfbäume auf einer Sicherheitsparzelle während der Blütenzeit mit Feuerbrandbakterien künstlich infiziert. Die Symptome werden anschliessend wöchentlich während vier Wochen bonitiert. Die Sorten und Zuchtnummern überzeugten ebenfalls in diesem Test. Nur wenige Symptome mit sichtbarem Befall bis ins Holz konnten dabei festgestellt werden (Klein et al. 2016). Zusätzlich zu ihrer Robustheit gegen Feuerbrand und der Vf-­Schorfresistenz (Rvi6) weisen zwei Zuchtnummern eine Mehltau-Resistenz (Pl1) auf (Tab. 2).

Die Sorten / Zuchtnummer zeigten in den Versuchsjahren 2014 bis 2019 unter den Richtlinien der integrierten Produktion mit reduziertem Pflanzenschutz gegen die Pilzkrankheit Schorf keine Schorfsymptome. Ebenfalls wurde kein Mehltaubefall bonitiert, ausser im Jahr 2018 bei der Sorte «Lucy» sowie den Zuchtnummern «ACW­ 14995» und «ACW 15097». 

Baumeigenschaften

Die Baumeigenschaften wurden während fünf Untersuchungsjahren bonitiert. Die Standardsorte «Ariane» wurde konsistent als gut bewertet. Die Sorte «Ladina» sowie die Zuchtnummer «ACW 13490» wiesen ähnlich wie «Ariane» gute Bewertungen auf und die Zuchtnummern «ACW 15097» wurde ausser im Jahr 2017, in der sie äusserst positiv auffiel, gleich wie «Ariane» bewertet. Dies spricht für ein hohes Anbaupotenzial hinsichtlich der Baumeigenschaften für diese Sorten/Zuchtnummern. Hingegen wurden «Lucy» und «ACW 14995» über alle Jahre schlechter als die Standardsorte «Ariane» eingestuft. Dies ist auf einen starken Wuchs, eine geringere Verzweigungsdichte und Blattvitalität sowie bei «Lucy» auf die ausgeprägte Alternanz zurückzuführen. 

Erntezeitpunkt und Erträge

Die Erntereife der untersuchten Sorten/Zuchtnummern liegt zwischen Mitte September und Mitte Oktober. Die Erträge der Sorte «Ladina» sowie der Zuchtnummern «ACW 14995» und «ACW 15097» liegen höher als die Referenzsorte «Ariane» (Abb. 1). Dabei brachten die Sorte «Ariane» und die Zuchtnummer «ACW 14995» regelmässige Erträge. «Ladina» zeigte eine leichte Alternanz in den drei ersten Jahren, die sehr wahrscheinlich auf einen Ausdünnversuch mit nur dieser Sorte in der Parzelle zurückzuführen ist (Abb. 1). «ACW 15097» und «Lucy» zeigten eine deutliche Alternanz (Abb.2), die bei «ACW 15097» allerdings schwächer ausfällt. «ACW 13490» erzielte die tiefsten Erträge vor allem in den drei ersten Ertragsjahren. Dies ist auf die Umveredelung im Jahr 2012 und dem somit später einsetzenden Ertragseintritt zurückzuführen. Die Erträge dieser Parzelle liegen in Güttingen höher verglichen mit früheren Ergebnissen am Standort Wädenswil (Klein 2016, Vergleich der vier ersten Versuchsjahre). Im Versuch in Wädenswil unterschieden sich die Sorten/Zuchtnummern in den Erträgen vor allem im ersten Ertragsjahr, waren aber in späteren Versuchsjahren ähnlich. Dazu wies nur die Zuchtnummern «ACW 15097» bessere Erträge auf als die Referenzsorte «Ariane». Im Vergleich zwischen den zwei Standorten lagen als einzige die Erträge von «Lucy» nach vier Jahren Untersuchungen auf demselben Ertragsniveau. Alle anderen Sorten/Zuchtnummern wiesen in Güttingen einen höheren Ertrag auf. Dies dürfte auf Standortfaktoren zurückzuführen sein.

Der Ertragsindex errechnet sich aus dem akkumulierten Ertrag dividiert durch die Stammquerschnittsfläche und gibt Auskunft über den Ertrag im Verhältnis zur Wuchs­stärke der Bäume. «ACW­ 15097» sowie «Ladina» und «Ariane» sind dementsprechend sehr produktiv. «Lucy» hingegen produziert einen hohen Anteil an Biomasse relativ zum Früchteanteil. 

 

Abb. 1: Akkumulierter Ertrag 2014 – 2019, Durchschnitt pro Baum. «Ariane» gilt als Standard. 

 

Abb. 2: Qualitätseigenschaften bei der Ernte. Durchschnitt aus den Jahren 2016 bis 2019.

 

Fruchteigenschaften

Die Fruchteigenschaften wurden von 2015 bis 2019 erhoben. Ausnahme ist «Lucy», für die die Daten aus dem Jahr 2017 aufgrund des Frostereignisses fehlen. Die inneren Werte wurden mit dem Analyseroboter Pimprenelle erhoben und die äusseren Werte (Grösse, Deckfarbe) mit der Sortiermaschine Greefa. 

Die Festigkeit sowie der Säure- und Zuckergehalt bei der Ernte befinden sich für alle Sorten/Zuchtnummern im selben Bereich (Abb. 2). Alle weisen eine mittlere Süsse von 12.5 bis 13.8 °Brix auf. Allerdings wurde bei allen Sorten/Zuchtnummern eine geringere durchschnittliche Festigkeit gemessen als bei der Referenzsorte «Ariane». «Ladina» zeigte die geringste Festigkeit. Die Referenzsorte «Ariane» wies den höchsten und «Ladina» den tiefsten durchschnittlichen Säuregehalt auf.

Die meisten Sorten haben ein gutes «Pack-out» bezüglich Fruchtgrösse (Abb. 3 und 5). «Ariane» produziert tendenziell eher kleinere Früchte und die Zuchtnummer «ACW 14995» eher grössere Früchte.

Die Sorten «Lucy», «Ladina», «Ariane» sowie die Zuchtnummer «ACW 13490» wiesen einen grossen Teil an optimaler 50 bis 100  % Deckfarbe auf (Abb. 4). Dagegen weisen fast die Hälfte der Früchte der Zuchtnummern «ACW 15097» weniger als 50  % Deckfarbe auf. Die Zuchtnummer «ACW 14995» weist als gelbe Sorte keine rote Deckfarbe auf und wird deshalb hier nicht aufgeführt. 

Das Pack-out oder der Anteil an Früchten, die vermarktet werden können, wurde anhand der Kriterien für rote Sorten der «Klasse 1» entsprechend der Normen und Vorschriften für Tafeläpfel des Schweizer Obstverbands (SOV) geschätzt. Die Deckfarbe wurde für die gelbschalige Zuchtnummer «ACW 14995» in der Pack-out-Schätzung nicht berücksichtigt. Die Sorte «Ladina» sowie die Zuchtnummer «ACW 14995» wiesen einen Pack-out von über 80  % auf (Abb. 5). «Ladina» und «ACW 14995» sind diesbezüglich bereits in anderen Versuchen bei Agroscope positiv aufgefallen. Die Zuchtnummer «ACW 15097» fällt hier ebenfalls positiver auf als in früheren Untersuchungen (38  % Pack-out im Jahr 2015, Agroscope Wädenswil, Parzelle 64). Die Sorte «Lucy» schnitt schlechter als erwartet ab, denn sie erreichte in anderen Untersuchungen bis zu 70  % Pack-out. Es ist wahrscheinlich, dass das Alternanzjahr 2019 bei dieser Sorte eine wichtige Rolle für das Pack-out spielte. Zudem wies die Kontrollsorte das kleinste Pack-out auf, was auf die bekannte kleine Fruchtgrösse zurückgeführt werden kann.
 

Abb. 3: Grössenanteile, Durchschnitt aus den Untersuchungsjahren 2016, 2018 und 2019.
 

 

Abb. 4: Deckfarbenanteile, Durchschnitt aus den Untersuchungsjahren 2016, 2018 und 2019.
 

 

Abb. 5: Pack-out 2019. Es gilt 65 bis 85 mm Kalibergrösse und Minimum 50 % Deckfarbe, mit Ausnahme von «ACW 14995», bei der nur die Kalibergrösse von 70 bis 85 mm verwendet wurde.

 

Schlussfolgerungen

Alle Sorten / Zuchtnummern im Versuch hatten mittlere bis gute Baumeigenschaften und zeigten einen sehr geringen Krankheitsbefall. Sie trugen Früchte mit einem guten Zucker- und Säuregehalt bzw. Zucker-/Säureverhältnis. Die Festigkeit war teilweise im mittleren Bereich. Allgemein wurde ein Standortseffekt im Vergleich zu Wädenswil (Klein et al. 2016) beobachtet. Die Sorten / Zuchtnummern erzielten in Güttingen zwar einen höheren Ertrag, allerdings haben «ACW 15097» und «Ariane» ein geringeres Pack-out als in Wädenswil erzielt.

«Ladina» und «ACW 14995» überzeugten, indem sie gute Erträge sowie ein hohes Pack-out und gute Baumeigenschaften erbrachten. Allerdings zeigte «ACW 14995» eine gewisse baumweise Alternanz. Bezüglich der Fruchtqualität wies «Ladina» die geringste Festigkeit sowie einen relativen niedrigen Säuregehalt, jedoch ein sehr reichhaltiges Aroma auf. Im Anbau hat sich «Ladina» v.a. in der Direktvermarktung und im Bioanbau etablieren können. Wegen der Anfälligkeit für Hautschäden sollten die Früchte bis Ende Januar verkauft werden. Lagerversuche bei Agroscope zeigten, dass sowohl die Lagerung unter dynamisch kontrollierter Atmosphäre (DCA) wie auch der Einsatz von 1-Methylcyclopropen (MCP) das Auftreten von Schalenbräune reduzieren kann (Bühlmann und Gabioud 2019). Zudem ist eine gute Kalziumversorgung wichtig. «ACW 15097» zeigte den höchsten Ertragsindex, wobei das Pack-out wegen teils ungenügender Deckfarbe relativ niedrig war. Die Zuchtnummer neigt zudem zu vorzeitigem Fruchtfall und inhomogener Reife. «Lucy» zeigte eine starke Alternanz, was zu einem starken Wuchs und geringeren akkumulierten Ertrag führte. Aufgrund der Umveredelung und der daraus resultierenden Verzögerung im Ertragseintritt wies die zweifarbig geflammte Zuchtnummer «ACW 13490» den geringsten Ertrag auf.

Literatur

Bühlmann A. und Gabioud. S.: Empfehlungen für die Obstlagerung. Schweizer Zeitschrift Obst- und Weinbau 156, 14, 20–22, 2019.

 

Klein N., Bühlmann-Schütz S., Lussi L., Perren S., Schmid M. und Kellerhals M.: Krankheitsrobuste Apfelsorten. Schweizer Zeitschrift Obst- und Weinbau 3, 8–12, 2016.


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