Grosse Weine, grosses glas?

Das Weinglas ist mehr als nur ein Gefäss für Weine. Angesichts seiner vielfältigen Erscheinung, seinen unterschiedlichen Kurven und Kanten stellen sich unweigerlich Fragen: Wieviel Marketing oder schlicht nicht hinterfragte Mode steckt hinter den zahlreichen Glastypen? Welchen Einfluss hat die Form auf die Weinaromatik und was macht objektiv betrachtet ein gutes Weinglas aus? Wir haben 40 Weingläser verglichen und suchten nach Antworten.


Inderbitzin_rund
Jonas Inderbitzin
Agroscope, Wädenswil

Sonia Petignat-Keller, Agroscope, Wädenswil
Thomas Eppler, Agroscope, Wädenswil


Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 07 / 2022 , S. 6

Befasst man sich mit Weingläsern, so wird schnell klar, dass das vermeintlich Banale eigentlich erstaunlich komplex ist. Um zu verstehen, welche Eigenschaften eines Glases für die menschliche Wahrnehmung wichtig sind, müssen wir uns zunächst mit einigen Grundlagen befassen. Nachfolgend wird das Weinglas deshalb von zwei Seiten beleuchtet, einmal von der subjektiven der verkostenden Person und einmal von der objektiven, produktbezogenen.
 

Subjektive Einflüsse

Die menschliche Wahrnehmung wird zu einem beachtlichen Teil durch Assoziationen und Erwartungshaltungen beeinflusst. Aus mehreren Studien ist bekannt, dass runde Formen mit süssem 
Geschmack in Verbindung gebracht werden, im Gegensatz zu eckigen Formen, die mit Säure assoziiert werden. Auch die Farbe kann Veränderung bei Grundgeschmäckern hervorrufen. So konnten Piqueras-Fiszman und Spence (2012a) zeigen, dass Kakao aus orangen Tassen süsser schmeckt als aus Tassen mit anderen Farben.

Neben der Optik beeinflusst uns auch die Haptik. Weine in schweren Flaschen werden qualitativ besser eingeschätzt (Piqueras-Fiszman und Spence 2012b). Das Gegenteil gilt erfahrungsgemäss ...