Florian Eltschinger führt eine der drei Gruppen auf dem Rundgang. (© Agroscope)

Güttingertagung 2025: Praxisnahe Vorträge

Traditionell bietet die Güttingertagung im August einen Überblick über den Stand beim Kernobst. Fachvorträge und Maschinenpräsentationen lockten fast 200 Teilnehmende an.

Artikel von:
Fabienne Meier, 
Rachele Quaglino, 
Patrick Delévaux
Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe 12 / 2025 , S. 6

Die diesjährige Tagung auf dem Schul- und Versuchsbetrieb Güttingen (TG) begann trotz hochsommerlichen Wetters mit Regenschauern. Die Begrüssung durch Florian Sandrini, Leiter Beratung Pflanzenbau und Pflanzenschutzdienst Arenenberg, fand daher in der Festwirtschaft statt. Hier gab es genügend regengeschützte Plätze für die knapp 200 Teilnehmenden.

In seiner Ansprache betonte Florian Sandrini die zentrale Bedeutung des Standorts Güttingen für die Entwicklung des Obstbaus in der Ostschweiz. In Zusammenarbeit mit Agroscope und dem Arenenberg werden in Güttingen Innovationen getestet und Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen der Obstproduktion im regionalen Kontext erarbeitet. Darüber hinaus spielt der Versuchs- und Lehrbetrieb eine wichtige Rolle in der Ausbildung neuer Obstfachkräfte.

Nach vielen Jahren an der Spitze des Versuchsbetriebs war dies die letzte Güttinger-Tagung für Betriebsleiter Patrick Stadler. Seine Expertise war stets entscheidend für den reibungslosen Ablauf des Betriebs und die erfolgreiche Durchführung zahlreicher Projekte und Versuche. Sein grosses Engagement wurde von Florian Sandrini und den anwesenden Gästen herzlich verdankt. Ab Oktober 2025 wird Florian Eltschinger (Einstiegsbild) die Leitung des Standorts übernehmen.

Spannende Einblicke in den Kernobstmarkt

Anschliessend gab Marie-Therese Lütolf (Inoverde) einen Einblick in den Kernobstmarkt aus Sicht der Vermarktung (Abb. 2).

 


Abb. 2: Marie-Therese Lütolf spricht über die Herausforderungen der Kernobsternte 2024 und wagt einen Ausblick auf die diesjährige Ernte. (© Agroscope)

 

Sie hob die Wichtigkeit der Qualität hervor: Wird Schweizer Obst mit hoher Qualität assoziiert, sind die Konsumierenden eher bereit, einen höheren Preis zu zahlen. Die Qualität wurde beispielsweise mit der Erhöhung des Mindestkalibers bei Braeburn, der Mindestfestigkeit bei Gala oder dem Ausschluss sämtlicher Golden Delicious mit starker Berostung sichergestellt. Den hohen Qualitätsanforderungen stehen Umweltauflagen sowie die steigenden Produktionskosten gegenüber. So entsteht oft eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Endkundinnen und Endkunden und ihrer Zahlungsbereitschaft. Um diese Herausforderungen zu meistern, seien Vernetzung und Zusammenhalt innerhalb der Branche entscheidend. Nur so könne weiterhin Schweizer Kernobst in hoher Qualität und ausreichender Menge angeboten werden.

Applikationstechnik auf dem Prüfstand

Für den anschliessenden Rundgang wurden die Anwesenden in drei Gruppen aufgeteilt, um die verschiedenen Fachvorträge zu besuchen. Dabei konnten auch diverse Parzellen des Betriebs besichtigt werden – von mechanisch geschnittenen Kirschbäumen über die Sortenprüfung im Kernobst bis hin zu Aprikosen im Tunnel und Apfelbäumen im 2D-System.

Dropsight

André Löhle und Marlis Nölly (Arenenberg) stellten Ergebnisse und Möglichkeiten der präzisen Pflanzenschutzmittelapplikation mit Dropsight vor. Dieses System analysiert Blätter aus unterschiedlichen Baumregionen in einer schwarzen Box unter UV-Licht. Die Resultate zeigten, dass die Blattunterseiten häufig gut bedeckt, die Oberseiten jedoch nur unzureichend benetzt wurden. Zudem war die Abdeckung im oberen Teil der Bäume besser als im unteren, was auf den Luftstrom des Sprühgeräteventilators zurückzuführen ist. Aufgrund der Drehrichtung des Lüfters ist die Produktverteilung zudem nicht auf beiden Seiten des Sprühgeräts identisch. Für eine ideale Anwendung sollte der Luftstromwinkel maximal 45 ° betragen und die gesamte Baumhöhe erfasst werden (Abb. 3).

 


Abb. 3: Marlis Nölly illustriert die Überprüfung des Austrittswinkels von Pflanzenschutzmitteln. (© Agroscope)

 

Strategien gegen den Kleinen Fruchtwickler

Julien Kambor (Agroscope) informierte über aktuelle Erkenntnisse zum Wickler im Kernobstanbau (Der vollständige Artikel folgt in O+W 13). Besonders der Kleine Fruchtwickler (Grapholita lobarzewskii) verursacht zunehmend erhebliche Schäden im Apfelanbau. Nach der Eiablage bohren sich die Larven direkt nach dem Schlüpfen in die Früchte. Feld- und Praxisversuche mit Pflanzenschutzmitteln zeigten, dass Spinosad (Audienz) und Spinetoram (Zorro) zwar gut wirken, jedoch wichtige Nützlinge beeinträchtigen.
Pneumatische Entlaubung beim Apfel

Samuel Cia (Agroscope) präsentierte Ergebnisse aus vier Jahren Entlaubungsversuchen zur Verbesserung der Fruchtausfärbung (Abb. 4), während Stefan Anderes (Produzent) die Entlaubungsmaschine vorstellte.

 


Abb. 4: Samuel Cia stellt die Maschine zur Entlaubung von Obstbäumen vor. (© Agroscope)

 

Die Fruchtausfärbung hängt mit dem Abbau von Chlorophyll (grüne Farbe) und der Zunahme von Anthocyanen (rote Farbe) zusammen. Dieser Prozess ist abhängig von Sorte und Genetik und wird durch Licht sowie durch Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht gefördert. Eine zu hohe Stickstoffaufnahme kann hingegen die Fruchtausfärbung verlangsamen. Durch die pneumatische Entlaubung konnte die Belichtung verbessert und so eine intensivere Ausfärbung erzielt werden. Die Wirksamkeit hängt stark vom Zeitpunkt und vom Wetter ab: Ein geringer Abstand zur Ernte sowie warme Tage mit kühlen Nächten sind entscheidend. In den Versuchen traten kaum Fruchtschäden auf. Bei Kosten von Fr. 690.–/ha ergaben sich Mehrwerte von Fr. 1000.– bis 5000.–/ha, bei SweeTango® sogar bis zu Fr. 11000.–/ha. Richtig eingesetzt und bei den passenden Sorten kann die Entlaubung somit deutliche Mehrgewinne bringen.

Maschinenausstellung

Der sonnige Nachmittag lud zum Verweilen und Plaudern in der Festwirtschaft sowie zum Besuch verschiedener Ausstellungen und Infostände ein. In der Maschinenausstellung konnten unter anderem Sprüh- und Entlaubungsgeräte, wie sie bereits im Themenparcours gezeigt wurden, aus der Nähe betrachtet werden. Bei der Degustation standen Mostobstsäfte zur Verkostung bereit. Zudem wurden die neue Agroscope-Apfelsorte Iori, das Ressourcenprojekt für integrales Wassermanagement im Thurgau und die in Güttingen vorgestellt. Informationen zum Japankäfer sowie ein Medien- und Infostand von Agroscope rundeten das vielfältige Angebot ab.

Weitere Informationen zu den präsentierten Themen finden Sie in Obst+Wein 07/2025 (Applikationstechnik) und Obst+Wein 12/2024 (Entlaubung). Wie erwähnt, folgt der Artikel über den Fruchtwickler in Obst+Wein 13.
Alle präsentierten Poster können unter www.agroscope.ch/guettingertagung heruntergeladen werden.

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