Liebe Leserin, Lieber Leser
«Schweri Büez für e schlächte Lohn»: Schweiz-Aktuell-Moderator Mario Torriani bringt in der Sendung vom 5. April auf den Punkt, was anscheinend viele Junge der Generation Z denken. Kein Bock auf anstrengende Arbeiten in den Reben. Deshalb, so der TV-Mann weiter, hätten dieses Jahr im ganzen Kanton Wallis nur drei Lehrlinge mit ihrer Winzerausbildung begonnen. Im nachfolgenden Beitrag beklagt Winzer Jonathan Favre, es gebe zu wenig gute Kandidatinnen und Kandidaten. Tatsächlich sind drei Auszubildende für ein Gebiet von 4700 ha nicht grad viel. Eigentlich bräuchte es im grössten Schweizer Weinkanton mindestens zwanzig Absolvierende pro Jahr. Woran liegt es?
Der Walliser Vizechef der Dienststelle für Landwirtschaft, Georg Bregy, erklärt den Notstand mit fragwürdigen Argumenten. Es habe 2017 und 2021 zwei schlechte Ernten gegeben, weshalb der Verdienst der Winzer tief ausgefallen sei. Somit hätten sie ihrem eigenen Nachwuchs geraten, zuerst etwas anderes zu lernen. Man kann sich das verdutzte Stirnrunzeln bei vielen Winzerfamilien förmlich vorstellen. Dennoch räumt auch Daueroptimist Diego Mathier, Chef der Kellerei «Nouveau Salquenen», im Film ein, dass man hier verschlafen habe und Nachholbedarf bestehe. Und das sagt er durchaus im Bewusstsein, dass bei ihm gleich alle fünf Töchter Interesse am Betrieb zeigen.
Auch wenn die Lösung des Problems nicht einfach scheint, es gibt im Wein- wie im Obstbau spannende Ansätze, vorwärts zu machen: Erstens erfreuen sich beide Berufssparten auch bei Zweitausbildnern an Beliebtheit. Erst recht, wenn auch der Lohn entsprechend stimmt. Zweitens waren die Chancen noch nie so gut, dass Ausgelernte ohne familiären Betrieb ein Weingut oder einen Obsthof als Geschäftsführer oder gar Besitzer übernehmen können. Und drittens haben auch die zuständigen Verbände eingesehen, dass es eine Totalrevision der Bildungspläne braucht. Wenn jetzt noch die Jungen mit ihren Social-Media-Skills die schönen Seiten ihres Berufs auf Insta oder TikTok posten, dann braucht‘s keinen Storch, damit es beim Nachwuchs wieder klappt.
Ihr
Markus Matzner
Chefredaktor Obst+Wein