
Pseudomonas bei Kirschen: Prävention als Schlüssel zum Erfolg
Der Bakterienbrand ist eine der gefährlichsten Krankheiten für Kirschen und kann zum Absterben von Astpartien oder ganzen Bäumen führen. Pseudomonas-Bakterien kommen auf allen Steinobstarten vor und Infektionen können das ganze Jahr über stattfinden, wodurch die Bekämpfung schwierig ist. Mit den richtigen vorbeugenden Massnahmen gelingt es jedoch, die Bäume gesund zu halten, wie Agroscope an der diesjährigen Breitenhof-Tagung erläuterte.


Das Bakterium Pseudomonas syringae hat ein sehr breites Spektrum von über 180 Wirtspflanzenarten und ist meist in allen Steinobstanlagen schon vorhanden. Auf Kirschen können zwei P. syringae-Unterarten Schäden verursachen: P. syringae pv. syringae kann neben Stein- auch Kernobst befallen, während P. syringae pv. morsprunorum nur auf Steinobstarten vorkommt. Die Bakterien können lange symptomlos auf der Oberfläche von Blättern, Holz und Gräsern in der Anlage überdauern, ohne die Bäume zu beeinträchtigen. Bei feucht-kühler Witterung, insbesondere um die Blüte, oder im Winter bei Frost dringen die Bakterien in den Baum ein und verursachen Blüten-, Blatt-, Rinden- oder seltener auch Fruchtnekrosen (Abb. 1). Ausgeprägte Rindennekrosen (Canker) können zunächst zu Welke-Erscheinungen und später zum Absterben von Baumpartien oder ganzen Bäumen führen (Abb. 2).
Abb. 1: Stammcanker mit Gummifluss, Blatt- und Blütensymptome. (© Agroscope)
Abb. 2: Geweisselte Stämme und absterbende Astpartien am linken Baum.
Wie und wann kommen die Bakterien in den Baum?
Pseudomonaden können das ganze Jahr über infizieren. Die meisten Infektionen finden aber im Herbst und Winter über die Blattnarben (vor allem bei Kirschen), Schnittwunden oder Rindenschäden (Frost- und Wachstumsrisse) statt. Sind Bakterien auf dem Holz vorhanden, kann Frost – auch ohne Wunden oder Risse – zu Infektionen führen. Der Grund ist die Saugwirkung, die beim Auftauen der gefrorenen Rinde entsteht, und die Bakterien «ins Holz saugen». Auch über offene Blüten im Frühjahr oder über die Spaltöffnungen in den jungen Blättern können Infektionen entstehen. Befall auf Blättern zeigt sich zunächst als ölig aussehende, aufgehellte Flecken, die in der Folge nekrotisch-braun werden und schliesslich ausfallen, ähnlich wie bei der pilzlichen Schrotschusskrankheit. Dadurch kapselt der Baum die Infektion ab und die Bakterien verbreiten sich nicht weiter im Baum. Bei Trockenheit und Hitze im Sommer sterben die oberflächlichen Bakterienpopulationen ab. Herbst- und Winterinfektionen führen häufig zur Bildung von Rindennekrosen. Darin und in den Knospen überwintert und vermehrt sich das Bakterium. Junge Bäume sind generell anfälliger, was öfter zu Baumausfällen führen kann.
Bekämpfung und vorbeugende Massnahmen
Die direkte Bekämpfung von Pseudomonas mit Pflanzenschutzmitteln ist schwierig, da die Infektionen das ganze Jahr über stattfinden können und kein Pflanzenschutzmittel mit ausreichender Wirksamkeit bekannt ist. Bei Kirschen ist bei starkem Befall und bei anfälligen Sorten Kupfer zum Blattfall bewilligt. Da jedoch über den gesamten Zeitraum des Blattfalls immer wieder kleine Wunden entstehen, ist es unmöglich, alle potenziellen Infektionen zu verhindern. Umso wichtiger sind daher vorbeugende Massnahmen.
An erster Stelle steht dabei die Wahl des Standorts und des Pflanzmaterials. Frostgefährdete, feuchte Lagen sind ungeeignet für den Kirschenanbau. Sowohl bei den Sorten als auch bei den Unterlagen gibt es Unterschiede in der Anfälligkeit gegenüber Pseudomonas. Nur zertifiziertes Pflanzgut ist frei von Pseudomonas. Gestresste Pflanzen sind anfälliger für Infektionen, daher sollte bei Trockenheit im Sommer bewässert werden. Insbesondere die anfälligen Jungpflanzen sollten dabei nicht in Kontakt mit dem Bewässerungswasser kommen. Bei Jungbäumen hat sich zudem eine Bodenabdeckung mit organischem Material bewährt, das für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt sorgt und die Bodenaktivität fördern kann.
Für Neupflanzungen bietet sich das spätere Frühjahr an, dann sind weniger Nässeperioden zu erwarten. Den Pfahl auf der Südseite des Stamms zu setzen, sorgt für Beschattung und damit für weniger Temperaturunterschiede und Risse. Ein unkrautfreier Baumstreifen reduziert zusätzliche Konkurrenz und Feuchtigkeit um den Stamm, ausserdem können sich die Pseudomonaden dann nicht oberflächlich auf den Gräsern vermehren. Der Verzicht auf späte Stickstoffgaben im Sommer und Herbst fördert nicht noch zusätzlich das Triebwachstum. Da die Bakterien vorwiegend jüngere Blätter befallen, wird so der Zeitraum für Infektionen verkürzt.
Praxisversuch mit Kulturmassnahmen
Während die bisher genannten Massnahmen relativ einfach umzusetzen sind, erfordern andere Kulturmassnahmen zur Pseudomonas-Prävention mehr Aufwand. Beispielsweise das Weisseln oder der Pflegeschnitt. In einem langjährigen Versuch am Steinobstzentrum von Agroscope am Breitenhof wurde die Wirksamkeit verschiedener zusätzlicher präventiver Massnahmen gegen eine Erkrankung mit P. syringae bei Kirschen überprüft:
- Schnitt im Sommer (nach der Ernte): Durch das Verschieben des Pflegeschnitts vom Winter in den Sommer fällt der Baumschnitt in eine trockenere Jahreszeit, in welcher die Bakterien weniger aktiv sind.
- Weisseln der Stämme mit Badipast + 1 % Kupfer: Das Weisseln der Stämme reflektiert die Sonneneinstrahlung und beugt so Frostrissen vor, es muss jedes Jahr vor dem ersten Frost wiederholt werden.
- Einsatz von Myco-Sin (0.5 %; Wirkstoff (WS): schwefelsaure Tonerde und Schachtelhalmextrakt) und Bion (0.0025 %; WS: Acibenzolar-S-methyl; derzeit nicht bewilligt gegen Pseudomonas auf Kirschen). Die Applikationen erfolgten drei- bis viermal zusammen mit den betriebsüblichen Fungizid-Behandlungen vom Knospenaufbruch bis zum Schorniggelstadium.
Der Versuch wurde mit der Pseudomonasanfälligen Sorte Samba auf der Unterlage Gisela 5 im Herbst 2016 gepflanzt. Insgesamt wurden acht Varianten geprüft (Tab.). Wegen des geringen Befallsdrucks in den ersten Versuchsjahren (2017–2021) wurden ab dem Jahr 2021 Massnahmen zur Befallsförderung im Versuch getroffen:
- Reduktion der Bewässerung im Sommer, um Trockenstress zu provozieren.
- Erhöhung der Stickstoffgabe, um das Triebwachstum zu fördern.
- Erhöhung der Luft- und Blattfeuchte durch eine Überkronenbewässerung (Einstiegsbild), um die für Infektionen nötige Feuchtigkeit zu gewährleisten.
Tab.: Alle Varianten wurden jeweils im Sommer- und im Winterschnitt durchgeführt, dadurch ergeben sich insgesamt acht Versuchsvarianten.
Präventive Massnahmen wirken
Das Jahr 2022 war das einzige Versuchsjahr mit starkem Blüten- und Blattbefall. In diesem Jahr unter dem starken Befallsdruck zeigte sich die unterschiedliche Wirkung der präventiven Massnahmen deutlich: Es wurde weniger Befall in den Verfahren mit Sommerschnitt im Vergleich zu jenen mit Winterschnitt ausgezählt. Auch ein positiver Effekt des Weisselns war zu beobachten.
In den geweisselten Winterschnitt-Varianten gab es mit der zusätzlichen Applikation von Bion oder Myco-Sin jeweils weniger Blattsymptome als ohne zusätzlichen Pflanzenschutzmitteleinsatz. In den Sommerschnitt-Varianten hatten die Pflanzenschutzmittel jedoch keinen zusätzlichen positiven Effekt. Aktive Stammcanker wurden kaum beobachtet. An den Trieben gab es aber einige Canker, hauptsächlich um befallene Blütenbüschel herum. Auch hier zeigten sich die positiven Effekte von Sommerschnitt und Weisseln.
In der Variante mit Myco-Sin gab es weniger Trieb-Canker im Vergleich zur Variante nur Weisseln. Die Variante mit Bion hatte keine zusätzliche Wirkung zum Weisseln. Durch den starken Pseudomonas-Blütenbefall und ein Frostereignis war der Ertrag im Jahr 2022 mit 4.4 kg/Baum unterdurchschnittlich. Trotzdem kamen die positiven Ertragseffekte von Sommerschnitt, Weisseln und der Pflanzenschutzmittel zum Tragen (Abb. 3). In den anderen Versuchsjahren gab es trotz der befallsfördernden Massnahmen kaum Symptome und keine aussagekräftigen Unterschiede zwischen den Verfahren. Zwar wurden in jedem Jahr löchrige Blätter beobachtet, Blütenbefall mit Auswirkungen auf den Ertrag oder die Baumvitalität gab es aber kaum. Seit Versuchsbeginn gab es nur fünf mutmasslich durch Pseudomonas verursachte Baumausfälle in verschiedenen Versuchsvarianten.
Abb. 3: a) Symptomatische Blätter und b) braune Blütenbüschel zur Bonitur am 09.05.2022, c) Anzahl Trieb-Canker zur Bonitur am 05.10.2022 und e) Ertrag 2022. Fehlerbalken stellen den Standardfehler dar.
Empfehlungen für die Praxis
Wird der Schnittzeitpunkt vom Winter in den Sommer verlegt, fällt der Pflegeschnitt zwar in eine arbeitsintensivere Zeit. Bei einem hohen Befallsdruck in der Anlage kann diese Massnahme aber dazu beitragen, Pseudomonasinfektionen zu reduzieren. Insbesondere bei Jungpflanzen lohnt sich zudem das Stammweisseln mit antibakteriell wirkendem Kupferzusatz bis zu den Gerüstästen, damit sich Infektionen nicht weiter ausbreiten und die Bäume sich gut etablieren können. Der zusätzliche Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hatte keine konsistente Wirkung auf den Befall. Bei geringem Befallsdruck und älteren, befallsfreien Bäumen sind zusätzliche Kulturmassnahmen zur Pseudomonasprävention nicht unbedingt notwendig.
Dank
Vielen Dank an die Partner des Breitenhof-Beirats für den finanziellen und fachlichen Beitrag zum Projekt (BV17-01) sowie dem Breitenhof-Team unter der Leitung von Thomas Schwizer, den Praktikantinnen und Praktikanten sowie ehemaligen Mitarbeitenden der Extension Obstbau für die Mitarbeit im Versuch.