Das Tätigkeitsprogramm des Versuchszentrums Laimburg (Nähe Bozen, I) wird jeden Sommer in enger Abstimmung mit den Interessensgruppen erarbeitet und definiert. So ist es bereits im Folgejahr möglich, mit gezielten Forschungsprojekten konkrete Probleme und Herausforderungen der landwirtschaftlichen Praxis und Lebensmittelverarbeitung in Südtirol anzugehen.
109 Forschungsvorschläge von lokalen Interessensvertretern
Als angewandte Forschungseinrichtung legt das Versuchszentrum Laimburg grossen Wert darauf, seine Aktivitäten an den konkreten Herausforderungen der Agrar- und Ernährungsbranche auszurichten. Aus diesem Grund lädt das Versuchszentrum jedes Jahr mehr als 145 Organisationen der Südtiroler Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung ein, Vorschläge für Versuchstätigkeiten und Projekte einzureichen. Diese Vorschläge werden gesammelt und mit den internen Vorschlägen zusammengeführt. Am Ende des Sommers finden die jährlichen Fachbeiratssitzungen am Versuchszentrum Laimburg statt. Bei diesen Treffen erörtern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Versuchszentrums Laimburg gemeinsam mit den lokalen Akteuren der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung die gesammelten Vorschläge für Forschungsprojekte und -tätigkeiten. Alle Vorschläge – jene der Praxisvertretungen und jene der Forschenden – werden entsprechend ihrer Durchführbarkeit bewertet und in eine einzige Rangordnung gebracht. Im Herbst werden die in den Fachbeiratssitzungen festgelegten Priorisierungen dem Wissenschaftlichen Beirat des Versuchszentrums Laimburg zur Stellungnahme vorgelegt. Anschliessend erstellt der Direktor des Versuchszentrums Laimburg das Tätigkeitsprogramm für das darauffolgende Jahr. Aus der Fülle an Projekten können die folgenden als beispielhaft angesehen werden.
Anwendung von Biokohle im Obstbau
Biokohle, auch bekannt als Biochar, wird aus der Verbrennung pflanzlicher Biomasse (z.B. Holzkohle) unter Sauerstoffausschluss gewonnen und seit Jahrhunderten als Bodenverbesserer eingesetzt. Die grosse innere Oberfläche und die poröse Struktur verleiht Biokohle ein grosses Potenzial als CO2-Speicher im Boden. In der Landwirtschaft hat der Einsatz von Biokohle je nach Ausgangsrohstoff, Produktionsverfahren, Standortbedingung, Kulturart und Bodenbewirtschaftung sehr unterschiedliche Auswirkungen. In vielen Studien wurde dank Biokohle eine Steigerung des Pflanzenwachstums oder des Ernteertrags beobachtet. In anderen Versuchen hingegen traten keine Veränderungen auf oder es wurden sogar geringere Erträge verzeichnet. In einem Projekt des Versuchszentrums Laimburg führen Forscherinnen und Forscher Mineralisierungsversuche in Kombination mit verschiedenen Dünge- und Bodenverbesserungsmitteln sowie Wassereinträgen in verschiedenen Böden in einer Klimakammer durch. Ziel ist es, die Wirkung von Biokohle in Obstanlagen zu verstehen und herauszufinden, welche Kombination für die Anwendung in der landwirtschaftlichen Praxis optimal ist.
Entodata: Digitale Plattform zur Erhebung und Verwaltung biologischer Daten über Insekten
Bei diesem Projekt handelt es sich um die digitale Erfassung von Beobachtungen und Fallenfängen verschiedener Insekten via Smartphone und Tablet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Marmorierten Baumwanze, ein Schädling, den die Expertinnen und Experten des Versuchszentrums schon lange unter die Lupe nehmen. Die erhobenen Daten werden automatisch räumlich und zeitlich lokalisiert und in digitaler Form in einer leicht zugänglichen und verwaltbaren Datenbank über eine Online-Anwendung gespeichert. Dazu wird die «Pollenn®-Plattform» www.in-finitude.ch/de genutzt, um praktische Erfahrungen im Umgang mit diesem digitalen Werkzeug zu sammeln und zu verstehen, wie diese optimal genutzt, optimiert und für den Einsatz im Feld angepasst werden können.
Bestimmung von Herkunft und Nährwert lokal erzeugter Lebensmittel
«Reich an Antioxidantien und Polyphenolen» – so werden funktionelle Lebensmittel wie Gojibeeren und Hanf, auch Superfoods genannt, beschrieben. Sie enthalten wertvolle Inhaltsstoffe, die für die menschliche Gesundheit von Interesse sind. Im Rahmen von Forschungsarbeiten am Versuchszentrum Laimburg wurde bereits der Gehalt an Polyphenolen und anderen wichtigen Stoffwechselprodukten in Äpfeln untersucht, um Sorten zu ermitteln, die reich an diesen Substanzen sind. Zudem konnte auch bei lokal angebauten Kartoffeln ein höherer Gehalt an gesundheitsfördernden Wirkstoffen nachgewiesen werden. Die Forscherinnen und Forscher des Versuchszentrums wollen die Untersuchungen nun auf weitere in Südtirol angebaute Kulturen wie Rote Beete, Sauerkraut und Roggen ausweiten, um den Wert der in Südtirol produzierten Nahrungsmittel zu unterstreichen und ihr Potenzial auszuschöpfen.