Liebe Leserin, lieber Leser
«Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.» Dieser schalkhafte Spruch gilt wohl auch rund um den Alkoholkonsum. Denn die Fachleute streiten sich nach wie vor: Ist Alkohol nun in jedem Fall schädlich oder gar bei gewissen Voraussetzungen gesund? In den 1990er-Jahren jubelten viele über die Entdeckung, dass moderater Alkoholgenuss sogar gesundheitsförderlich sei. In den letzten Jahren wurde diese Feststellung – notabene basierend auf den gleichen Metastudien – widerlegt oder zumindest in Frage gestellt. Und in den Köpfen vieler Gesundheitsfanatiker ist die Frage sowieso keine mehr: Da gehört Alkohol simpel und einfach in die Giftklasse.
Weil dieses Thema sehr komplex und tiefschürfend ist und weil es gerade für unsere Branchen, die direkt oder indirekt mit Alkohol zu tun haben, essenziell ist, widmen wir uns in einem doppelten Schwerpunkt zwei entscheidenden Fragen. Erstens: Unter welchen Gesichtspunkten ist der Alkoholkonsum unbedenklich oder gar gesund? Und zweitens: Wie steht es beim Wein um die Herstellung und den Vertrieb von alkoholfreien Alternativen?
Interessant ist ja die Tatsache, dass genau dieselben Fragen schon Hermann Müller-Thurgau (erster Direktor der Eidg. Versuchsanstalt für Obst- und Weinbau in Wädenswil von 1890 bis 1927) beschäftigt haben. Auch er widmete sich schon der Herstellung von alkoholfreien Getränken aus Obst und Trauben. Dennoch weigerte er sich, der damals sehr starken Abstinenzbewegung beizutreten. Seine Begründung, die er auch in dieser Zeitschrift veröffentlichte: «Der Wein ist ein grosses Kulturgut und ist der Gesundheit bei mässigem Genuss durchaus zuträglich.»
Somit lässt sich auch in Müller-Thurgaus Sinn anfügen: Wer bewusst Qualität vor Quantität setzt, der steht in der Regel auf der richtigen Seite. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen besinnliche Festtage und einen guten Rutsch.
Ihr
Markus Matzner
Chefredaktor Obst+Wein